Wiesbaden (dpa/lhe) – Der Flughafen Frankfurt gerät mal wieder zum Zankapfel unter den Fraktionen im hessischen Landtag – am Donnerstag ist es im Plenum um die geplante Stationierung von Ryanair-Maschinen gegangen. Für eine kontroverse Debatte sorgte auch der Fall einer 16-jährigen Schülerin, die im mittelhessischen Karben direkt aus der Schule abgeschoben wurde. Etwas mehr Einmütigkeit gab es im Parlament in Wiesbaden bei der Forderung, Hasskommentaren im Internet den Kampf anzusagen. Die Themen:
– RYANAIR AM FRANKFURTER FLUGHAFEN
Die geplanten Anreize des Frankfurter Flughafens für Billigflieger wie die irische Airline Ryanair sorgten für reichlich Gesprächsstoff. Marius Weiß von der SPD-Fraktion kritisierte: «Ryanair zahlt absolute Niedriglöhne und unterläuft Sozialstandards.» Der Flughafenbetreiber Fraport hätte die Zusammenarbeit mit einer anderen Billigfluglinie suchen sollen, die anständig mit ihrem Personal umgehe, sagte Weiß.
Fraport will sein Geschäft mit neuen Angeboten für Billigflieger ausbauen, was bei etablierten Airlines auf harsche Kritik stößt. Ryanair plant, von März 2017 an zwei Maschinen in Frankfurt zu stationieren. Das Wirtschaftsministerium prüft eine geplante neue Gebührenstaffel der Fraport, die unter anderem Anreize für neue Kunden schaffen soll. Dabei spielten die Sozialstandards einzelner Airlines keine Rolle, erklärte Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne). «Ryanair ist gewiss kein Arbeitgeber, wie ich ihn mir wünsche», sagte er. «Aber ein Verkehrsflughafen steht allen zugelassenen Luftfahrtunternehmen offen.»
– UMSTRITTENE ABSCHIEBUNG
Zwei Tage nach der Abschiebung einer 16-Jährigen direkt aus ihrer Schule wird das Thema auch kontrovers im Landtag debattiert. Innenminister Peter Beuth (CDU) sprach von einem Einzelfall. «Ich kann kein Fehlverhalten der Behörden erkennen», sagte er. Die Polizeibeamten seien sich der sensiblen Situation bewusst gewesen und seien «mit Fingerspitzengefühl» vorgegangen. Das Mädchen und seine Mutter seien seit 2014 ausreisepflichtig, sie hätten mehrere Angebote für die freiwillige Rückkehr nach Serbien nicht genutzt, sagte Beuth.
Die Jugendliche war am Dienstag im mittelhessischen Karben aus der Klasse ihrer Schule geholt und mit der Mutter abgeschoben worden. Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat. Der Linke-Abgeordnete Hermann Schaus kritisierte, die Behörde habe lediglich «das Flugzeug voll kriegen wollen». Bei der Familie habe keine Gefahr bestanden, dass sie untertauche. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Florian Rentsch mahnte, rechtskräftige Abschiebungen schneller auszuführen.
– HASSKOMMENTARE
Der Rechtsstaat muss nach Einschätzung des Grünen-Abgeordneten Jürgen Frömmrich wirksam gegen Hass und Gewalt im Internet vorgehen. Der Innenpolitiker sagte: «Alle Demokraten sind aufgefordert, sich dem Hass entgegenzustellen.» Für Frömmrich sind aus den «sozialen Netzwerken zum Teil asoziale Netzwerke» geworden. «Hasskommentare sind eine Form der digitalen Gewalt», sagte SPD-Abgeordnete Heike Hofmann und forderte: «Wir müssen dafür sorgen, dass der Frieden in unserer Gesellschaft gewahrt wird.» Einig waren sich die Fraktionen auch, dass die freie Meinungsäußerung zu einer offenen Gesellschaft gehöre. Florian Rentsch, Fraktionsvorsitzender der FDP, erklärte, die Aussage «Ausländer raus» sei zwar unerträglich, aber von der Meinungsfreiheit gedeckt.
– KLIMASCHUTZ
Obwohl der Klimaschutzplan des Landes Hessen noch nicht beschlossen ist, sorgt er bereits für Streit. Jürgen Lenders von der FDP-Fraktion forderte, dass die schwarz-grüne Landesregierung den Klimaschutzplan nicht am Parlament vorbei beschließen dürfe. Bisher sei der Landtag nicht beteiligt worden. Der Plan greife tief in die Freiheiten der Bürger ein, belaste die Wirtschaft und gefährde Arbeitsplätze. «Wir haben nicht erwartet, dass Sie sich an der Erarbeitung des Klimaschutzplanes beteiligen, aber dass Sie hier so schamlos lügen, das ist schon ein starkes Stück», griff Grünen-Abgeordnete Angela Dorn die FDP an. Deren Fraktionsvorsitzender Rentsch sei in den Steuerungskreis für die Erarbeitung des Planes eingeladen worden – aber nicht gekommen. Rentsch bestritt, eingeladen worden zu sein.
– SOLIDARITÄT MIT TÜRKEI
Der Landtag hat sich angesichts der Entwicklung in der Türkei besorgt gezeigt. Die Fraktionen konnten sich allerdings nicht zu einem gemeinsamen Antrag durchringen. Die Koalitionsfraktionen aus CDU und Grünen kritisierten, die Verfolgung und Inhaftierung von Journalisten, Wissenschaftlern, Intellektuellen und demokratisch gewählten Abgeordneten seien mit den hiesigen Werten nicht vereinbar, das sei nicht hinnehmbar. Die FDP schloss sich einem schwarz-grünen Antrag an. SPD, Linke und fraktionslose Abgeordnete brachten einen eigenen Antrag ein.
– DENKMALSCHUTZ
Der hessische Denkmalschutz ist entstaubt worden. Der Landtag verabschiedete eine entsprechende Gesetzesnovelle. Unter anderem werden künftig das Ehrenamt stärker gewürdigt und die Welterbestätten im Land unter besonderen Schutz gestellt.
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