US-Präsident Barack Obama ist zu seinem zweitägigen Abschiedsbesuch in Berlin gelandet. Bundeskanzlerin Angela Merkel empfing den scheidenden Präsidenten zu einem Abendessen unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Vor seiner Abreise nach Europa hatte der US-Präsident die Kanzlerin als seine „wohl engste internationale Verbündete“ seiner achtjährigen Amtszeit bezeichnet.

In einem gemeinsamen Beitrag für die Wirtschaftswoche warnten Obama und Merkel zum Auftakt des Besuchs vor einer Abschottung ihrer Länder in Zeiten der Globalisierung. Sie machen sich für das Handelsabkommen TTIP zwischen den USA und der Europäischen Union sowie die vereinbarten weltweiten Klimaschutzziele stark. Obamas Nachfolger Donald Trump lehnt diese Projekte ab.

Deutschland und die USA trügen gemeinsam die Verantwortung, eine freiheitliche Lebensart zu schützen, schrieben Merkel und Obama. „Deshalb setzen wir uns gemeinsam dafür ein, dass internationales Recht und Normen weltweit respektiert werden.“ Die Achse zwischen Europa und den USA sei die wichtigste weltweit und müsse erhalten bleiben. Beide stellten zusammen ein Drittel des Welthandelsvolumens und fast die Hälfte des Bruttoinlandsproduktes. „Es steht außer Frage, dass sowohl deutsche als auch amerikanische Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Verbraucher und Landwirte von TTIP profitieren würden“, schrieben sie. Das Abkommen würde beiden Seiten helfen, weltweit wettbewerbsfähig zu bleiben. In der EU wird nicht mehr erwartet, dass es vor dem Ende der Amtszeit von Obama im Januar verabschiedet werden kann.

Keine Rückkehr in eine Welt vor der Globalisierung

„Wir stehen heute an einem Scheideweg: Die Zukunft ist schon eingetreten und eine Rückkehr in eine Welt vor der Globalisierung wird es nicht geben“, mahnen Merkel und Obama. Beide Regierungen seien Unternehmen und Bürgern – „ja der gesamten Weltgemeinschaft“ – verpflichtet, die Zusammenarbeit zu vertiefen.

Auch der Chef der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland, Bernhard Mattes, warnte davor, TTIP aufzugeben. Er hoffe, dass Trumps Politik nicht so rigide sein werde wie im Wahlkampf verkündet, sagte der Chef der Kölner Ford-Werke dem Handelsblatt.

Es ist der sechste Besuch des amerikanischen Präsidenten in Deutschland. 2008 war Obama in der Hauptstadt noch als Präsidentschaftskandidat von Zehntausenden Menschen an der Siegessäule gefeiert worden. Nicht zuletzt die Spähaffäre um den US-Geheimdienst NSA sorgte dafür, dass sich die Begeisterung der Deutschen abkühlte. Angesichts von Trumps Einzug ins Weißen Haus macht sich nun Wehmut breit.

Nach den Gesprächen mit Merkel am Donnerstag will Obama am Freitag die Sorgen der europäischen Partner vor einem möglichen außenpolitischen Rückzug der Vereinigten Staaten unter Trump zerstreuen. Dazu wird Obama gemeinsam mit Merkel den französischen Präsidenten François Hollande, Italiens Ministerpräsidenten Matteo Renzi sowie den spanischen Regierungschef Mariano Rajoy und die britische Premierministerin Theresa May treffen. Dabei soll es nach Angaben von Diplomaten auch um die im Zuge der Ukraine-Krise verhängten Russland-Sanktionen gehen.

Obama will chinesischen Präsidenten treffen

Anschließend fliegt Obama weiter zum Gipfeltreffen des Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsforums (Apec) nach Peru. Am Rande des Gipfels in der Hauptstadt Lima will er auch zu einem bilateralen Treffen mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping zusammenkommen.

Vor seinem Deutschland-Besuch hatte Obama in einer Grundsatzrede in Griechenland die Bedeutung der Demokratie und die Verantwortung der Bürger hervor gehoben. Er versicherte, die USA würden auch künftig ihren Bündnispflichten nachkommen. Die Europäer beschwor er, am historischen Projekt der Einigung festzuhalten. Er rief die Menschen auf, sich in die Politik einzubringen und damit die Geschicke ihrer Länder selbst in die Hand zu nehmen. „Es ist nicht die Aufgabe oder die Verantwortung von jemand anders, sondern die der Bürger unseres Landes und der Bürger der Welt, den Kurs der Geschichte hin zur Gerechtigkeit zu lenken“, sagte Obama. Die Welt brauche „heute mehr denn je ein Europa, das stark, wohlhabend und demokratisch ist.“

Trump hat angekündigt, die Beziehungen seines Landes zu Russland rasch verbessern zu wollen. Im Wahlkampf drohte der Milliardär, die Verbündeten in Europa im Stich zu lassen, falls sie nicht mehr für ihre Verteidigung ausgäben. Er drohte auch mit dem Abzug der verblieben US-Truppen, wenn die Europäer nicht mehr für den Schutz durch die Amerikaner bezahlten.

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