Saad Hariri ist in Saudi-Arabien. Immer noch. Nach seinem spektakulären Rücktritt Anfang November, erklärte der Ex-Premierminister des Libanon am Wochenende in einem nicht minder aufsehenerregenden 80-minütigen Interview, die Gerüchte, er werde gegen seinen Willen in Riad festgehalten, seien falsch und kündigte seine baldige Rückkehr nach Beirut an.

Der 47-Jährige war nach eigenem Bekunden nach Saudi-Arabien geflohen, weil er daheim um sein Leben fürchtet. Er warf der schiitischen Hisbollah-Miliz und Iran vor, das Land kontrollieren zu wollen. Seine sunnitischen Schutzherren in Saudi-Arabien dürfte das ins Konzept passen, schließlich betrachten sie Teheran als Erzfeind.

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Regierungskrise in Beirut: Hariris Harakiri

Nur ein einziges Mal hat Hariri das Exil Riad seither verlassen – für eine Kurzvisite bei Mohammed bin Zayed, dem Kronprinzen und wahren Herrscher von Abu Dhabi. Der Besuch besitzt Symbolkraft.

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Abu Dhabi: Macht und Wille

Das Emirat ist in den vergangenen Jahren nicht nur zum politischen sowie wirtschaftlichen Zentrum der aus sieben Scheichtümern bestehenden Föderation der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) avanciert, sondern hat im gesamten Nahen Osten eine Führungsrolle eingenommen.

Die Erfolgsformel: Zweigleisigkeit. Abu Dhabi trägt Formel-Eins-Rennen aus, hat sich Dependancen der Pariser Sorbonne und der renommierten New York University gekauft und gönnt sich neuerdings auch ein eigenes Louvre-Museum. Das Herrscherhaus investiert seine Ölmilliarden aber nicht nur in Softpower, sondern auch und vor allem in die Außen- und Sicherheitspolitik.

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Eröffnung des Louvre in Abu Dhabi: Lichtdurchflutet wie ein Basar

Anders als Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman, der mit großer Härteregiert, potenzielle Widersacher ins Gefängnis wirft, die Wirtschaft radikal reformiert und öffentlichkeitswirksam vorgibt, der konservativen Gesellschaft ein liberales Update verpassen zu wollen, setzt Mohammed bin Zayed für seinen Vormarsch auf politisches Powerplay, das effizient aber – verhältnismäßig – geräuschlos ist.

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Festnahmen in Saudi-Arabien: Im goldenen Käfig von Riad

Das Ergebnis: Abu Dhabi mischt überall mit und verteidigt seine Interessen vehement, hat aber im Gegensatz zu Saudi-Arabien bislang nicht mit einem ähnlich schlechten Image zu kämpfen.

Im Bürgerkriegsland Jemen lässt sich diese Strategie beobachten. Während Mohammed bin Salman kritisiert wird für seine brutale Politik, die Hunger, Cholera und damit den Tod in weite Teile des Landes bringt, ist Mohammed bin Zayed bislang glimpflich davon gekommen. Dabei lässt auch er gegen die von Iran unterstützten schiitischen Huthi-Milizen kämpfen.

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Krieg im Jemen: „Das saudi-arabische Vietnam“

Ganz ähnlich verhält es sich in der Katar-Krise: Wie im Jemen so führt zwar auch hier Saudi-Arabien die Blockade-Allianz an, aber neben Bahrain und Ägypten sind auch die VAE dabei – und damit Abu Dhabi. Den Spott darüber, dass Katar bislang dem Druck trotzt, bekommt indes Riad zu spüren.

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Katar-Krise: Operation Geldregen

Und selbst in weiter entfernten arabischen Ländern mischt das Emirat mit. In Libyen bekämpfte man erst Muammar al-Gaddafi an der Seite des Westens und unterstützt seither den Warlord Khalifa Haftar im Kampf gegen Islamisten, die von Katar protegiert wurden und vermutlich immer noch werden.

Abu Dhabi unterhält zudem exzellente Beziehungen mit Ägypten. Beide verbinden gemeinsame Feinde. Sowohl Kairo, als auch das Emirat verteufeln die Muslimbruderschaft, die von Katar und der Türkei protegiert werden.

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Die Muslimbruderschaft ist die Mutterorganisation der im Gazastreifen herrschenden radikal-islamischen Hamas. Die hat unlängst die Kontrolle über die Grenzübergänge des Gazastreifens an die verfeindete Fatah abgeben. Auf Druck Ägyptens und Vermittlung von Mohammed Dahlan, einem einflussreichen Exil-Palästinenser. Sein Wohnort: Abu Dhabi. Über Umwege hat Abu Dhabis Kronprinz somit einen Punktsieg im Schattenkrieg gegen Katar und die Türkei erzielt.

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Mohammed Dahlan: Der starke Mann aus Abu Dhabi

Mohammed bin Zayed ist ein Absolvent der britischen Militärakademie Sandhurst. Allein hätten er, seine Verwandten und die übrigen Emirate ihre schlagkräftige Armee jedoch nicht aufbauen können. Die Scheichs holten sich deshalb Unterstützung – aus den USA, wo sie als Philanthropen bekannt, geschätzt und bestens vernetzt sind.

Ihre Wahl: Zum einen Eric Prince, Gründer der berüchtigten Söldnerfirma Blackwater. Er baute ab 2010 eine Geheimtruppe auf. Im Jemen setzte das Emirat etwa auf im Guerillakampf erfahrene Einheiten aus Kolumbien, die von ihm ausgebildet wurden.

Zum anderen erkaufte man sich 2015 die Expertise eines hochdekorierten Generals außer Dienst. Sein Name: James Mattis, inzwischen Verteidigungsminister der USA. Vor seinem Amtsantritt bezeichnete er die Vereinigten Arabischen Emirate unter der Federführung Abu Dhabis als „kleines Sparta“.

Von „klein“ kann heute keine Rede mehr sein.

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