Die radikalislamischen Taliban in Afghanistan stehen im Verdacht, mehrere
Kritikerinnen und Kritiker entführt zu haben. Zwei Wochen nach einer Demonstration für Frauenrechte
in Kabul gelten fünf Frauen und ein Mann als vermisst. Das UN-Hochkommissariat für
Menschenrechte mit Sitz in Genf äußerte sich besorgt. Die Machthaber in Afghanistan
hätten zwar eine Untersuchung versprochen, bislang aber keine konkreten
Schritte unternommen.

Der UN-Organisation zufolge wurden am 19. Januar eine Frau
und ihr Schwager, die an dem Protest teilgenommen hatten, in Kabul entführt. Am
gleichen Tag seien in der Hauptstadt vier Schwestern aus einem Haus geholt
worden. Es gebe Berichte, dass nach weiteren Teilnehmerinnen gesucht werde. Das UN-Menschenrechtsbüro verlangte die
Freilassung der Festgehaltenen und die Verfolgung der Täter. Man erhalte zudem
glaubhafte Berichte über Folter und Misshandlungen von Aktivisten und früheren
Angestellten der Regierung oder der Sicherheitskräfte. Auch Journalisten seien
in Gefahr.

TV-Journalisten entführt

Zwei Medienvertreter des TV-Senders Ariana, Waris Hasrat und
Aslam Hidschab, werden ebenfalls seit Montagabend vermisst. Das sagte
ein Mitarbeiter des afghanischen Privatsenders der Nachrichtenagentur dpa. Aufzeichnungen von
Sicherheitskameras zeigten, wie bewaffnete, uniformierte Männer, die
Regierungsautos fuhren, die beiden Männer vor den Toren des Sendergebäudes mitgenommen
hätten.

Hasrat ist Produzent und Moderator von politischen
Sendungen, Hidschab Wirtschaftsreporter. Die Entführung ereignete sich einen
Tag nach einer von Ariana ausgestrahlten Sendung, in der ein Gast in einer live
übertragenen Debatte die Taliban kritisierte. Der Mitarbeiter von Ariana vermutete, dass die Entführer im
Dienst der radikalislamischen Taliban stehen.

Vermehrt Angriffe auf Medienvertreter

Der neu gegründete Journalistenverband Afghan Media
Association beschuldigte die Taliban der Entführung. Auch Amnesty International
rief die Machthaber dazu auf, die Reporter „bedingungslos und unverzüglich“
freizulassen. Die willkürliche Verhaftung sei nicht zu rechtfertigen und stelle
eine Bedrohung für das Recht auf freie Meinungsäußerung dar.

Vor der Eroberung Kabuls durch die Taliban galt Afghanistan in der Region als Land mit relativ großer Pressefreiheit. Seit dem Machtwechsel im August
sind immer wieder Journalisten eingeschüchtert oder festgehalten worden. Manche
berichteten nach ihren Freilassungen von Schlägen oder Folter. Dutzende Medienschaffende
haben das Land verlassen.

Lesen Sie mehr auf Quelle