„Die Lasten eines jungen Jahrhunderts können nicht allein auf den Schultern Amerikas lasten. Tatsächlich würden sich unsere Feinde freuen, wenn Amerika seine Stärke durch eine Überdehnung seiner Kraft unterminieren würde.“

Sätze, die für eine Supermacht wie die USA geradezu ungewöhnlich erscheinen. Sie stammen von US-Präsident Barack Obama, der sie 2010 in seiner „National Security Strategy“ festgeschrieben hat (die „Welt“ berichtete). Jeder US-Präsident ist gesetzlich dazu angehalten, eine Sicherheitsstrategie für die Nation vorzulegen. Auch Obamas Amtsvorgänger, George W. Bush, hat so ein Papier verfasst. Nach dem Terroranschlag vom 11. September 2001, woraufhin er auch einseitige und präemptive Militäraktionen forderte, wurde auch er in seiner zweiten „National Security Strategie“ (2006) zum Befürworter internationaler Abstimmungen. Bush und Obama setzten auf Kooperation. 

Und Donald Trump? Auch der 45. Präsident der Vereinigten Staaten hat nun seinen ersten großen Rundumschlag zur nationalen Sicherheitsstrategie vorgelegt. Er beschwört eine „Ära des Wettbewerbs“, ruft Rivalitäten aus und sieht in China und Russland „revisionistische Mächte“. Donald Trumps Strategie steht nicht im Zeichen von Kooperationen, sondern nationaler Interessen. Das Motto, wie zu erwarten: „America First.“ Drei Sätze illustrieren seine Pläne dabei besonders deutlich. 

1. „Wir müssen unsere Nation verteidigen“

„Defend our Homeland“ – lediglich drei Worte, aber mit enormer Sprengkraft: „Wir können unsere Nation nicht schützen, wenn wir unsere Grenzen nicht schützen.“, so Trump bei der Vorstellung seiner Sicherheitsstrategie. Die USA werden sich vermutlich, wird der Plan durchgezogen, weiter von der Außenwelt abschotten. 

In der Rede bekräftigte Trump in großen Teilen bekannte Positionen, wie seine Forderungen nach einer Mauer an der Grenze zu Mexiko. Darüber hinaus will der US-Präsident die „chain migration“ beenden, also das immigrieren von Einwanderern die anderen Einwanderern folgen, sowie die „schreckliche“ Diversity-Visa-Lottery. Gemeint ist die sogenannte Diversitätslotterie, besser bekannt als Greencard-Lotterie. Die USA vergeben jedes Jahr etwa 50.000 Visa per Losentscheid, vornehmlich an Menschen aus Ländern, die nicht die traditionellen Einwanderungsgruppen der USA stellen. Eine altbekannte Forderung: Trump machte indirekt das Lotterie-System für den Terroranschlag in New York verantwortlich, bei dem ein Usbeke mit einem Lastwagen acht Menschen tötete. 

Daher beinahe obligatorisch, zu erwähnen: Donald Trump will radikale islamische Ideologien und damit einhergehenden Terror bekämpfen und „davon abhalten, dass sie sich in den USA ausbreiten“. Auch dafür sollen Grenzpolizei und Homeland-Security aufgestockt werden.

2. „Wirtschaftliche Sicherheit ist nationale Sicherheit“

Zum ersten Mal erkenne die Sicherheitsstrategie der USA an, dass wirtschaftliche Sicherheit auch nationale Sicherheit sei. Ein Seitenhieb an seine Amtsvorgänger: Die Regierung unter Barack Obama hatte stets betont, eine florierende Wirtschaft könne allen Ländern Nutzen. Trumps Strategie legt nun einen großen Fokus auf den Wettbewerb mit anderen Ländern – und „fairen Handel“, wie er es nennt. 

Anfang November hat Trump etwa Japan unfaire Handelspraktiken vorgeworfen. „Wir wollen fairen und offenen Handel, aber im Augenblick ist unser Handel mit Japan nicht fair und offen“, sagte Trump vor Wirtschaftsvertretern in Tokio. Die USA litten sei „vielen, vielen Jahren“ unter „massiven Handelsdefiziten“ mit Japan. „Also werden wir verhandeln müssen.“

Seine „ America First“-Strategie zielt seit jeher auch auf wirtschaftliche Abschottung. Trump stellt es als unausweichlichen Schritt dar: „Ob es uns gefällt oder nicht: Wir befinden uns in einer neuen Ära des Wettbewerbs.“ Auf der ganzen Welt gebe es intensive militärische, ökonomische und politische Auseinandersetzungen. Seine neue Strategie erkenne das an. Und so listete der US-Präsident ein Mal mehr seine „Erfolge“ auf. Etwa, dass sich die USA aus dem Transpazifischen Handelsabkommen TPP zurückgezogen hätten. Er nutzte die Rede zudem erneut, um die wirtschaftlichen Erfolge und die Höhenflüge an der Börse zu preisen – etwas, was nicht erst mit dem Regierungswechsel in Washington eingesetzt hat.

3. „Amerika wird wieder führen“

Die „vierte und finale“ Säule seiner Sicherheitsstrategie sei der Ausbau des Einflusses in der Welt. Dies setze allerdings voraus, den „Wohlstand und und die Macht Zuhause“ auszubauen. „Amerika wird wieder führen.“

Und da sind Donald Trump besonders zwei andere Großmächte ein Dorn im Auge: In der von seinen wichtigsten Mitarbeitern verfassten Sicherheitsstrategie werden insbesondere Russland und China als globale Widersacher ins Visier genommen: Das Dokument bezeichnet beide Länder als „revisionistische Mächte“, die „Amerikas Macht, Einfluss und Interessen“ herausfordern und versuchen würden, „Sicherheit und Wohlstand“ der USA zu untergraben. „Russland versucht, den Einfluss der USA in der Welt zu schwächen und uns von unseren Verbündeten und Partnern zu trennen“, heißt es darin. Russische Atomwaffen seien zudem „die bedeutendste existenzielle Bedrohung für die Vereinigten Staaten“. China wird in dem 68-seitigen Dokument vorgeworfen, die USA aus Asien „verdrängen“ zu wollen. „Entgegen unseren Hoffnungen hat China seine Macht auf Kosten der Souveränität anderer ausgeweitet“, heißt es mit Verweis auf Datendiebstahl, Handelsdefizite und „Merkmale seines autoritären Systems“.

Auch Nordkorea und der Iran werden in dem mehr als 60 Seiten langen Papier als große Bedrohungen für die USA identifiziert. Um sich gegen mögliche Angriffe zu wappnen, stärke man daher die amerikanische Raketenabwehr.  

Steht Donald Trump bald allein da?

In Summe beruht Trumps Sicherheitsstrategie auf vier Säulen: dem Schutz des US-Heimatlandes, der Förderung amerikanischen Wohlstandes und wirtschaftlicher Sicherheit, Friedenssicherung durch militärische Stärke und einer Vergrößerung des amerikanischen Einflusses in der Welt.

„Amerika wird gewinnen“, sagt Donald Trump. Seine Strategie macht deutlich, wo US-Präsident Donald Trump die USA in diesem Spiel sieht: ganz vorn. Doch wer ganz vorn sein will, muss an anderen vorbeiziehen – und kann nur hoffen, dass die Mitspieler (oder: Verlierer) den USA weiterhin Rückendeckung geben.

Dass die neue Sicherheitsstrategie der USA bereits empörten Widerspruch in Russland und China hervorgerufen hat, ist daher kein Wunder. Der Kreml warf US-Präsident Donald Trump eine „imperialistische“ Haltung vor, China attestierte ihm eine „Mentalität des Kalten Krieges“.

Doch Trump müsste das egal sein, glaubt man seiner Rede: „Bei jeder Entscheidung und allen Maßnahmen steht Amerika jetzt an erster Stelle.“

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