Washington (dpa) – Der prominente Immunologe und US-Regierungsberater Anthony Fauci hat in der Corona-Krise vor übertrieben schneller Rückkehr zur Normalität gewarnt.

„Das könnte wirklich ernste Konsequenzen haben“, sagte Fauci am Dienstag in einer Video-Anhörung des Senats. Wenn die Richtlinien nicht beachtet würden, bestehe das reale Risiko eines Ausbruchs, den man nicht kontrollieren könne. Dies könnte unnötiges „Leid und Tod“ zur Folge haben. Auch die Bemühungen um eine wirtschaftliche Erholung könnten zurückgeworfen werden.

DER PRÄSIDENT DRÄNGELT

Angesichts der verheerenden wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise treibt Präsident Donald Trump Lockerungen voran. Er ermutigt zu Protesten in Bundesstaaten, die die Schutzmaßnahmen seiner Ansicht nach nicht schnell genug zurückfahren. Dabei erfüllen viele Staaten die Kriterien nicht, die Trump in Richtlinien zur Wiederöffnung selbst vorgestellt hat – zum Beispiel eine Abnahme der Zahl der Infektionen über 14 Tage. Trump schrieb auf Twitter, die Fallzahlen „in den meisten Landesteilen“ gingen zurück. Die USA wollten „sich wieder öffnen und in Gang kommen“, was auf sichere Art und Weise geschehe. Die Pandemie ist jedoch vielerorts nicht unter Kontrolle.

MEHR CORONA-TOTE ALS BISLANG BEKANNT?

In dem Land mit rund 330 Millionen Einwohnern gibt es nach einer Aufstellung der Johns Hopkins Universität inzwischen mehr als 1,3 Millionen bestätigte Corona-Infektionen und mehr als 80.000 Tote. Fauci sagte, die tatsächliche Totenzahl sei vermutlich noch höher. Möglicherweise seien Menschen zu Hause an den Folgen einer Infektion gestorben, ohne dass dies in einer offiziellen Statistik auftauche.

ANGST VOR EINER ZWEITEN CORONA-WELLE

Fauci mahnte auch, es sei möglich, dass im Herbst eine zweite Welle des Virus kommen werde. Er hoffe, dass man dann durch Testkapazitäten und dergleichen besser reagieren könne. Das Virus werde aber nicht einfach verschwinden. Trump hatte dies zu Beginn mehrfach behauptet. Auch der Chef der US-Gesundheitsbehörde, Robert Redfield, warnte in der Anhörung: „Wir sind noch nicht aus dem Gröbsten heraus.“ Fauci betonte, die Entwicklung gehe in die richtige Richtung. Das bedeute aber keineswegs, dass es vollkommene Kontrolle über das Virus gebe.

ANHÖRUNG PER VIDEO

Wegen der Infektion einer hochrangigen Mitarbeiterin des Weißen Hauses haben sich Fauci und Redfield vorsorglich in Quarantäne begeben. Sie sagten per Video aus. Auch andere Teilnehmer – darunter der Leiter der Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde FDA, Stephen Hahn, und zahlreiche Senatoren – waren aus der Ferne zugeschaltet. Fauci betonte zugleich, er unterliege keiner strikten Quarantäne. Bei Bedarf gehe er auch zu Besprechungen ins Weiße Haus.

CORONA IM WEIßEN HAUS

In der vergangenen Woche waren zwei Fälle von Corona-Infektionen in der US-Regierungszentrale bekannt geworden: Betroffen sind ein Mitarbeiter von Trump und die Sprecherin von US-Vizepräsident Mike Pence, Katie Miller. Pence leitet die Corona-Arbeitsgruppe des Weißen Hauses. Der Vizepräsident sah bislang davon ab, sich ebenfalls in Quarantäne zu begeben-

Im Weißen Haus arbeiten viele Mitarbeiter auf engem Raum. Auch die Verhältnisse im Raum für Pressekonferenzen sind beengt. Trump, Pence und Mitarbeiter aus ihrem Umfeld werden inzwischen täglich getestet. Das gleiche gilt nun auch für die Journalisten, die aus dem Weißen Haus berichten.

MASKENPFLICHT – ABER NICHT FÜR TRUMP

Trump sieht die jüngsten Fälle von Corona-Infektionen im Weißen Haus nicht als Problem. Die Regierung habe die Situation „sehr gut unter Kontrolle“, sagte er am Montag (Ortszeit). Die jüngsten Infektionen seien kein Beleg für unzureichende Sicherheitsvorkehrungen. „Das kann passieren.“ Trump ordnete aber an, dass seine Mitarbeiter nun als Vorsichtsmaßnahme Gesichtsmasken tragen müssen. Für ihn selbst und Vize Pence gilt die Pflicht nicht. „Ich komme niemandem so nahe“, sagte Trump. Eine Maske sei daher für ihn nicht nötig.

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