Eine Politikerin will sie nicht sein, sagt sie im Video der „Washington Post“, doch ihre Arbeit als Waffen-Aktivistin kann kaum unpolitisch genannt werden. Kaitlin Bennett, Absolventin der Kent State Universität in Ohio, ist in den USA derzeit in aller Munde, seit sie ihre Abschlussfotos getwittert hat. Darauf ist sie im weißen Sommerkleid zu sehen, über ihrer Schulter hängt ein AR-10, ein Gasdruck-Selbstladegewehr mit einem 20-Schuss-Magazin, und in ihrer Hand hält sie ihren Abschlusshut mit der Aufschrift „Come and take it“ – ein herausfordernder Slogan, der schon mehrfach in historischen Schlachten verwendet wurde; in der Regel von der deutlich unterlegenen Partei. Inwiefern sie sich als bewaffnete weiße Frau in einer defensiven Position wähnen kann, ist auch Thema vieler der Tausenden von Reaktionen, die die 22-Jährige erhalten hat. Denn natürlich hat sich Kaitlins Abschlussfoto viral verbreitet. Erhalten hat sie sowohl Heiratsanträge als auch Todesdrohungen.

Die Aktion wirkt, als hätte sie sich die NRA nicht besser ausdenken können. Doch eine Engagement der US-Waffenlobby war in diesem Fall gar nicht nötig. Kaitlin Bennett findet aus eigener Überzeugung, dass es wichtig und richtig ist, bewaffnet zu sein. Während ihrer gesamten Zeit auf der Kent State setzte sich dafür ein, dass Studenten Waffen tragen dürfen, berichtet die „Washington Post“. #CampusCarryNow lautet der dazugehörige Hashtag, der zusammen mit einer stilisierten Reproduktion ihres Abschlussfotos jetzt auch auf T-Shirts zu sehen ist – verbreitet vom libertären Medium „Liberty Hangout“, für das Kaitlin Bennett ebenfalls tätig ist. Kaum hatte sie ihren Bachelor in Biologie in der Tasche, ließ sich die junge Frau mit einer Waffe auf dem Campus ablichten – denn Nicht-Studenten ist das Tragen von Waffen auf dem Campus, wenn auch nur im Freien, gesetzlich erlaubt, heißt es in dem Bericht.

Kaitlin Bennett begründet Waffenforderung historisch

Natürlich sollten Studenten nicht jeden Tag mit einem Gewehr in die Uni kommen, stellt Kaitlin in diversen Interviews klar, aber das Tragen verdeckter Waffen sei absolut sinnvoll. Sie plädiert für eine Pistole, mit der sie auch auf dem derzeitigen Profilbild ihres Twitter-Accounts posiert. Dabei hat sie nicht einmal im Sinn, dass sich die Studierenden angesichts zahlreicher Schieß-Attacken an US-Schulen und -Universitäten (laut CNN seit Jahresbeginn derzeit 22 Schusswaffenvorfälle mit Toten oder Verletzten) gegen die Schützen wehren können sollten, sondern sie begründet das Tragen der Waffen historisch – mit dem Kent-State-Massaker am 4. Mai 1970 auf eben jenem Campus, auf dem Kaitlin Bennett nun mit dem AR-10 ihres Bruders posierte. Damals beendeten Nationalgardisten Protestkundgebungen gegen die US-Invasion Kambodschas, indem sie in die Menge feuerten. Vier Studenten starben im  Kugelhagel, obwohl sie mehr als 100 Meter von den Schützen entfernt und teils unbeteiligt waren.

„Ich glaube, dass wenn die Regierung Waffen hat, sollten wir auch welche haben“, sagt Bennett der „Washington Post“. „Maschinengewehre – jede Art von Waffen.“ Und fährt fort: „Um sicherzugehen, dass die Regierung nicht gegen die Bevölkerung vorgehen kann. Wir sollten in der Lage sein, uns selbst gegen eine tyrannische Regierung zu wehren.“ Dass als „tyrannische Regierung“ nicht die aktuelle von US-Präsident Donald Trump gemeint ist, verdeutlicht Kaitlin Bennett beispielsweise durch ihren „Trump appreciation post“ auf Twitter. Missverstanden worden war sie in dieser Hinsicht aber ohnehin nicht, wurde die junge Konservative doch nach ihrer viel beachteten Aktion in „Fox and Friends“ interviewt – einer auch bei Donald Trump beliebten Sendung auf seinem Leib- und Magensender Fox.

Teils wütende Reaktionen auf Foto

Auf Twitter wurde Bennet für ihr Foto von einigen Kritikern hart angegangen. Würde eine schwarze Person auf dem Campus mit einer Feuerwaffe herumlaufen, käme sofort „die ganze Polizeistation und würde sie in einem Wimpernschlag erschießen“, meint etwa einer. Manch anderer ging so weit, Morddrohungen an die junge Frau zu verschicken, berichtet Bennet. Aber damit würden die Leute sie lediglich darin bestärken, Waffen zu tragen. Und allzu nervös werde sie dadurch ohnehin nicht. „Es weiß ja jeder, dass ich Waffen habe. Ich werde nie verstehen, warum solche Leute bewaffnete Menschen bedrohen.“

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