Der DIW-Experte Markus Grabka hat im Streit um eine stärkere Belastung von Reichen in Deutschland die Grünen vor Aktionismus und einer Wiedereinführung der Vermögensteuer gewarnt.
Aus Sicht des Ökonomen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin gibt es in Politik und Gesellschaft nur begrenztes Wissen über die tatsächliche Vermögensverteilung und Lage der Hochvermögenden in Deutschland. Die vom linken Flügel der Grünen angestrebte Vermögensteuer von einem Prozent ab einem Vermögen von einer Million Euro wird aus Sicht Grabkas nur geringe Effekte beim Abbau der Ungleichheit haben. Vielmehr sollte breiteren Teilen der Gesellschaft die Bildung von Vermögen ermöglicht werden – etwa über eine Förderung von selbst genutzten Wohnimmobilien.
Auch eine Erbschaftsteuerreform, wie die Reformer der Grünen es vorschlagen, sei ein Ansatz. Die Grünen wollen auf ihrem heute in Münster beginnenden Bundesparteitag versuchen, ihren Streit über die Steuerpolitik beizulegen. Zur Abstimmung stehen Vorschläge von Reformern und Parteilinken – etwa zur Vermögensteuer und zum Ehegattensplitting. Aus Sicht der Realos waren 2013 die damaligen Steuerforderungen Grund für die Wahlschlappe der Grünen. «Über das obere eine Prozent der Vermögenden wissen wir relativ wenig», sagte Grabka der Deutschen Presse-Agentur.
Diese kämen bei den bisherigen Datenerhebungen kaum vor: «Ohne dieses Wissen über die Vermögenskonzentration des obersten einen Prozents ist es schwierig, politische Folgerungen zu ziehen.» Aus Sicht Grabkas ist es problematisch, Aktionismus zu zeigen, wenn gar nicht bekannt sei, ob die Vermögenskonzentration am obersten Rand tatsächlich signifikant gestiegen, gesunken oder gleich geblieben sei.
Es gebe nur Mutmaßungen über die Entwicklung der Vermögen am oberen Rand. Statistiken zufolge sei die Zahl der Vermögensmillionäre in Deutschland durchaus nennenswert gestiegen. Danach gebe es hierzulande vermutlich mehr als eine Million Vermögensmillionäre. Dies basiere aber nur auf sehr groben Schätzungen. Erst einmal sollte die Politik die Datengrundlage verbessern, sagte Grabka: «Erst dann sollte man politisch Schlussfolgerungen ziehen.»
Eine Wiedereinführung der Vermögensteuer hätte nur einen sehr geringen Effekt auf den Abbau der Vermögensungleichheit, sagte Grabka und verwies auf entsprechende DIW-Studien. Es sollte eher darüber nachgedacht werden, die Vermögensbildung in der Breite der Gesellschaft zu verbessern. «Es bringt mehr, den Kuchen zu vergrößern, als nur zu verteilen», sagte Grabka. Davon profitiere auch die Mittelschicht stärker.
In fast allen anderen Euro-Ländern sei die Vermögensungleichheit niedriger, da dort unter anderem der Anteil der Eigentümer selbstgenutzter Immobilien weit größer sei als in Deutschland. Eine Förderung des Immobilienbesitzes könne die Vermögensungleichheit reduzieren und und dabei auch als Mittel gegen Altersarmut wirken.
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