Ein als Kontaktmann des mutmaßlichen Terroristen Anis Amri verdächtigter Tunesier ist wieder auf freiem Fuß. Die Bundesanwaltschaft habe gegen den 40-Jährigen keinen Haftbefehl erwirkt, teilte eine Sprecherinin Karlsruhe mit.
Ermittler hatten den Mann am Mittwoch in Berlin vorläufig festgenommen. Seine Nummer war in dem Telefon Amris gefunden worden.
Nach weiteren Angaben der Justizbehörde ist das Video, in dem der mutmaßliche Attentäter von Berlin sich zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekennt, authentisch. Amri sei den Ermittlungen zufolge darin tatsächlich zu sehen, sagte die Sprecherin.
Das IS-Sprachrohr Amak hatte vier Tage nach dem Anschlag vom 19. Dezember ein Video veröffentlicht. In der knapp dreiminütigen Aufnahme schwört Amri dem Anführer der IS-Miliz, Abu Bakr al-Bagdadi, die Treue. Er richtet sich dabei an die «Kreuzzügler»: «Wir kommen zu Euch, um Euch zu schlachten, Ihr Schweine.» Es werde Rache für das Blut von Muslimen geben, das vergossen wurde. Dabei steht Amri offensichtlich auf einer Brücke. Hinter ihm ist ein Gewässer zu sehen. Die Aufnahme könnte in Deutschland aufgenommen sein.
Der 24-jährige Amri war den Ermittlungen zufolge mit einem Lastwagen in den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche in Berlin gefahren. Zwölf Menschen starben, 55 wurden verletzt. Der Bundesanwaltschaft zufolge verhinderte die moderne Technik des Lkw «noch schlimmere Folgen». Ein automatisches Bremssystem brachte das Fahrzeug nach 70 bis 80 Metern zum Stehen. Auf seiner Flucht wurde Amri am 23. Dezember in der Nähe von Mailand von der Polizei erschossen.
Das Kaliber der Waffe, mit dem Amri dort auf zwei italienische Polizisten geschossen hatte, ist laut Bundesanwaltschaft dasselbe, das im Anschlags-Laster verwendet wurde. Ob das Projektil im Lkw aus derselben Waffe stamme, müsse aber noch in Zusammenarbeit mit den italienischen Behörden genauer ballistisch untersucht werden, sagte die Sprecherin.
Der Todeszeitpunkt des polnischen Fahrers, mit dessen Lkw der Anschlag verübt und der auf dem Beifahrersitz gefunden wurde, konnte laut Bundesanwaltschaft noch nicht genau festgestellt werden. Nach dem vorläufigen Obduktionsbericht bestehe eine zeitliche Nähe zum Anschlag. Messerstiche seien nicht festgestellt worden. Die genaue Klärung des Todeszeitpunkts erfolge mit dem abschließenden Obduktionsbericht Mitte Januar.
Zum Hergang der Tat, zur Fluchtroute und zur Identität der Opfer sind noch immer viele Fragen offen. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kritisierte in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur die Informationspolitik der Ermittlungsbehörden nach Ereignissen wie dem jüngsten Anschlag.
Amri war offenbar mehrfach im Fokus der Ermittlungsbehörden. Nach Informationen von «Süddeutscher Zeitung», NDR und WDR wurde im Gemeinsamen Terrorismus-Abwehrzentrum (GTAZ) in Berlin zwischen Februar und November 2016 mindestens sieben Mal über Amri gesprochen. Behördenunterlagen, die nur fünf Tage vor der Tat entstanden, würden seinen Werdegang in Deutschland beschreiben.
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