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Innerhalb der EU droht über die Frage, wie man auf den umstrittenen Israel-Kurs der US-Regierung umgehen soll, ein peinlicher Streit auf offener Bühne. Nach Angaben von EU-Diplomaten stoppte Ungarn am Mittwoch eine geplante gemeinsame Verurteilung („joint declaration“) der Pläne von US-Präsident Trump für die Anerkennung von Jerusalem als Hauptstadt Israels per Veto.
Die Gesandten von Viktor Orbán machten klar, dass Ungarn eine solche Verurteilung für nicht notwendig halte. Tschechien signalisierte, dass man sich ähnlich wie die USA eine rasche Verlegung der eigenen Botschaft nach Jerusalem vorstellen könne. Ähnliche Pläne hat angeblich auch Ungarn. Eine offizielle Bestätigung dafür gibt es bislang nicht.
Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini bemühte sich dennoch, ein geschlossenes Bild der Europäischen Union zu präsentieren. Sie warnte vor einer Rückkehr in „dunkle Zeiten“: „Was in Jerusalem passiert, betrifft die ganze Region und die ganze Welt.“ Schärfer und vor allem mit einer schriftlichen Erklärung konnte sie Trumps Entscheidung aber nicht verurteilen, weil sich die Europäer nicht einig sind. Im Europäischen Auswärtigen Dienst wird darauf verwiesen, dass immerhin die mündliche Erkärung Mogherinis von allen getragen worden sei.
EU-Außenbeauftragte Mogherini mit Jordaniens Außenminister Safadi
Dabei wären die Europäer nun erst recht gefragt. Aber schon bei der Entscheidung Trumps, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen, und bei seinen ständigen Forderungen nach einem stärkeren Rüstungsbeitrag der Europäer in der Nato ließen sich die Differenzen im transatlantischen Verhältnis kaum noch überdecken. Mogherini kündigte an, das Nahostquartett aus EU, USA, Uno und Russland wiederzubeleben und auch Saudi-Arabien oder Jordanien einzubinden.
„Wir sind uns beide einig, dass es eine Entscheidung ist, die sehr besorgniserregende Auswirkungen haben könnte“, sagte sie beim Besuch des jordanischen Außenministers Ayman Safadi in Brüssel. „Mehr Gewalt und Chaos muss in jedem Fall verhindert werden.“ Das habe sie auch Jared Kushner gesagt, dem Berater und Schwiegersohn Donald Trumps.
1948 Gründung des Staates Israel
1947-49 Palästina-Krieg/Israelischer Unabhängigkeitskrieg
1956 Suezkrise/Sinai-Feldzug
1967 Sechs-Tage-Krieg
1973 Jom-Kippur-Krieg
1978 Camp-David-Friedensabkommen
1982 Erster Libanon-Krieg
1987-1993 Erste Intifada
1993-1995 Oslo-Friedensprozess
2000-2005 Zweite Intifada
2005 Scharon-Plan
2006 Libanon-Feldzug
2008/09 Gaza-Krieg
Beim kommenden Treffen der EU-Außenminister am Montag in Brüssel steht das Thema Nahost ganz oben auf der Tagesordnung. Als Gast wird Israels Premier Benjamin Netanyahu erwartet, für den nächsten Außenministerrat im Januar ist dann Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas eingeladen.
Spätestens in der Runde mit Netanyahu werden die Lager verhärtet auftreten. Traditionell stehen skandinavische Länder wie Schweden den Palästinensern sehr nahe, sie werden die US-Entscheidung geißeln. Auch im Europäischen Parlament hat die Sache der Palästinenser große Unterstützung, bis hinein in die Reihen der Konservativen. Es wird darauf verwiesen, dass die EU der größte Geldgeber für die palästinensischen Gebiete sei und man es daher nicht einfach hinnehmen könne, wenn die USA in der Region jetzt mit dem Feuer spielen.
Die Osteuropäer hingegen wollen sich mit den USA nicht anlegen, auch als Provokation gegenüber der EU stellen sie sich gern hinter Trump. Länder wie Ungarn oder Polen stehen mit Brüssel derzeit ohnehin in einer Art Dauerkonflikt, wegen Problemen mit der Rechtstaatlichkeit und dem anhaltenden Streit über die Aufnahme von Flüchtlingen. Erst am Donnerstag kündigte die EU-Kommission an, deswegen Klage beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg einzureichen.
Bislang waren sich jedoch alle Europäer über die sogenannte Zweistaatenlösung einig. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn fordert daher: „Es ist eine Sache, kein gemeinsames Papier zustande zu bringen.“ Eine Verlagerung von Botschaften einzelner EU-Staaten jedoch wäre ein „dramatisches Zeichen des Auseinanderdriftens“.
Israel beansprucht ganz Jerusalem als seine unteilbare Hauptstadt. International wird dieser Anspruch jedoch nicht anerkannt. Israel hatte 1967 während des Sechstagekrieges den arabischen Ostteil der Stadt erobert und später annektiert. Die Palästinenser sehen in Ostjerusalem die künftige Hauptstadt eines unabhängigen Palästinenserstaates.
Zusammengefasst: Kommende Woche geht es beim Treffen der EU-Außenminister auch um die von Donald Trump angekündigte Verlegung der Botschaft nach Jerusalem. Aber von einer einheitlichen Meinung ist die Gemeinschaft offenbar sehr weit entfernt. Mehrere Staaten unterstützen seit Langem die Forderungen der Palästinenser. Doch osteuropäische Länder scheren aus – die erwägen sogar ebenfalls einen Umzug der Botschaften.
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