Tag eins nach der historischen Abstimmung im britischen Unterhaus. Der Brexit-Deal von Theresa May ist tot. Am Abend muss sich die britische Premierministerin einem Misstrauensvotum stellen.

Die wichtigsten Brexit-Meldungen im Überblick:

  • Pharmaverbände warnen vor Arznei-Engpässen (10.42 Uhr)
  • Labour sammelt Unterschriften für Neuwahl (9.00 Uhr)
  • Altmaier fordert von London klares Signal (7.41 Uhr)
  • Märkte reagieren ruhig auf Ablehnung des Brexit-Deals (7.24 Uhr)
  • Beer fordert EU-Sondergipfel (4.24 Uhr)

Die Entwicklungen des Tages:

s 10.50 Uhr: Verbraucherschützer beklagen nach Brexit-Votum Rechtsunsicherheit für Urlauber s

Die Aussicht auf einen harten Brexit ohne Abkommen mit der EU droht nach Einschätzung des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) auch Urlauber im Regen stehen zu lassen. „Viele Verbraucher planen bereits ihren Osterurlaub“, mahnte vzbv-Chef Klaus Müller. „Sie brauchen dringend Klarheit darüber, welche Regeln dann gelten werden und ob sie bei einem Urlaub in Großbritannien noch auf ihre gewohnten Rechte vertrauen können.“

s 10.42 Uhr: Pharmaverbände warnen wegen Brexits vor Arznei-Engpässen s

Pharmaverbände warnen im Falle eines ungeordneten Brexits vor Engpässen bei Arzneien. Ohne Übergangsphase oder Regelungen für die komplexen Lieferketten für Medikamente könne die Arzneimittelversorgung in Großbritannien und der übrigen EU „empfindlich“ gestört werden, warnte der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) in Berlin. Großbritannien und die EU müssten für einen Brexit ohne Deal mit Brüssel dringend Maßnahmen ergreifen, damit Patienten weiter ihre Medikamente bekämen.

Über Großbritannien kämen viele Roh- und Wirkstoffe auf den europäischen Markt, so der BAH. Fast jedes vierte Arzneimittel für die EU werde dort freigegeben und in den Verkehr gebracht. Entsprechend groß sind die Sorgen vor einem ungeordneten Brexit Ende März: „Medikamente, die für ganz Europa in Großbritannien zugelassen wurden, dürfen von jetzt auf gleich nicht mehr in Europa vertrieben werden“, warnte der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Im Falle eines Brexits ohne Abkommen werde Großbritannien im Handel zum Drittstaat, inklusive damit verbundener Zölle und anderer Restriktionen, sagte Vorstandschef Martin Zentgraf. „Wir können nur hoffen, dass es nicht auf beiden Seiten zu Lieferengpässen kommt.“

s 09.19 Uhr: Bundesregierung beantwortet oft gestellte Brexit-Fragen s

Kann ich als Deutscher nach dem Brexit noch ohne Visum nach Großbritannien reisen? Kann ich auch in Zukunft noch ein Erasmus-Semester in Großbritannien verbringen? Zu solchen Fragen nimmt die Bundesregierung im Netz Stellung unter dem Titel „Brexit – Fragen und Antworten“. Regierungssprecher Steffen Seibert warb auf Twitter für die Informationen: „Sie stellen uns viele Fragen rund um das Thema Brexit: Wie es weitergeht für die Menschen in Deutschland und Großbritannien, für Politik und Wirtschaft.“ Die Bundesregierung beantworte die meistgestellten Fragen „soweit möglich“.

s 9.13 Uhr: EU-Chefunterhändler: Alle Konsequenzen aus britischem Beschluss kaum abschätzbar s

Die Europäische Union hofft trotz des britischen Neins zum Brexit-Vertrag weiter auf eine gütliche Trennung mit Großbritannien. „Ein geordneter Austritt bleibt in den nächsten Wochen unsere absolute Priorität“, sagte EU-Chefunterhändler Michel Barnier am Mittwoch im Europaparlament. Allerdings sei die Gefahr eines No-Deal-Brexit so groß wie nie. Die nächsten Entscheidungen lägen allein in Großbritannien. „Im Moment ist es zu früh, alle Konsequenzen dieser Abstimmung einzuschätzen.“ Denn die Gegner des Pakts hätten sehr unterschiedliche Motive. Man werde bis zum Schluss konstruktiv an einer Lösung arbeiten, versicherte der Unterhändler. Allerdings stellte er Großbritannien keine weiteren Zugeständnisse in Aussicht. Der Austrittsvertrag sei der bestmögliche Kompromiss.

s 9.00 Uhr: Labour sammelt online Unterschriften für Neuwahl s

Ein Misstrauensvotum gegen Premierministerin Theresa May hat Oppositionschef Jeremy Corbyn schon beantragt – zusätzlich sammelt seine Labour-Partei auch Unterschriften für eine Neuwahl. Corbyn bewarb den Online-Aufruf in der Nacht zum Mittwoch auf Twitter. Es brauche jetzt eine Parlamentswahl, schrieb er, und forderte dazu auf, das Misstrauensvotum zu unterstützen. Es soll am Abend auf Mays schwere Niederlage im britischen Unterhaus bei der Abstimmung über ihren Brexit-Deal mit der EU folgen. Bis zum Vormittag hatten rund 15.000 Menschen den Vorstoß der Oppositionspartei unterstützt.

s 08.51 Uhr: Starker Anstieg bei Einbürgerungen nach Brexit-Referendum s

Nach dem Brexit-Referendum im Jahr 2016 hat sich die Zahl der in Deutschland eingebürgerten Briten deutlich erhöht. Im Jahr 2017 sprang die Zahl der Briten, die die deutsche Staatsbürgerschaft erwarben, um 162 Prozent auf knapp 7500 an. Dies teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit.

Umgekehrt ließen sich aber auch sehr viele in Großbritannien lebende Deutsche dort einbürgern. Diese Zahl wuchs im Jahr 2017 auf 2636 Menschen. Das waren den Statistikern zufolge 165 Prozent mehr als 2016.

s 08.14 Uhr: Grünen-Chefin Baerbock fordert erneutes Brexit-Referendum s

Nach dem Scheitern des Brexit-Abkommens im britischen Unterhaus fordert die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock ein zweites Referendum in Großbritannien über den Verbleib des Landes in der EU. „Lasst die Menschen entscheiden“, verlangte Baerbock. „Sollten sich die Britinnen und Briten entscheiden, in der EU zu bleiben, stehen ihnen die Türen zum europäischen Haus jederzeit offen.“

Die übrigen EU-Staaten sollten London signalisieren, dass sie einer Fristverlängerung über das bisher geplante Brexit-Datum vom 29. März hinaus zustimmen würden, „wenn die britische Regierung die Zeit benötigt, um diese wichtige Entscheidung der britischen Bevölkerung über den Brexit zu organisieren“. Allerdings dürfe die EU den Briten „keine weiteren Zugeständnisse machen“, mahnte Baerbock. „Sonst gefährden wir ernsthaft den europäischen Binnenmarkt.“

s 08.14 Uhr: Maas fordert nach Brexit-Niederlage in London Klarheit von Großbritannien s

Nach der Ablehnung des Brexit-Abkommens im britischen Parlament fordert Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) Klarheit von Großbritannien. Das Land sei jetzt „am Zug“, sagte Maas im Deutschlandfunk. Die Abgeordneten des Unterhauses hätten nicht klar gemacht, was sie wollen – lediglich, was sie nicht wollen. „Das ist nicht ausreichend“, betonte der Außenminister.

Es brauche eine schnelle Lösung. Nachverhandlungen des vorgelegten Vertrags mit der EU sehe er aber kritisch. „Wir haben einen Kompromiss“, sagte Maas. Beide Seiten seien bereits aufeinander zugegangen. „Wenn man noch mehr hätte anbieten können, hätte man das schon vor Wochen tun müssen.“

s 07.41 Uhr: Altmaier fordert von London klares Signal gegen harten Brexit s

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat Großbritannien aufgefordert, sich gegen einen harten Brexit zu positionieren. Derzeit sei nicht ganz klar, was die Briten wollten, es sei aber deutlich geworden, dass es „ganz offenbar keine Mehrheit für einen ungeregelten Austritt“ aus der EU gebe, sagte Altmaier im ZDF-„Morgenmagazin“. „Und das muss klargestellt werden. Das wäre ein wichtiges Signal für die Märkte, für Arbeitsplätze, für die wirtschaftliche Entwicklung.“

Heute Abend muss sich Premierministerin Theresa May einem Misstrauensvotum stellen. Sofern sie dieses übersteht, will sie bis kommenden Montag Pläne für das weitere Vorgehen beim Brexit vorlegen.

Altmaier sagte dazu, die Briten müssten jetzt die Gelegenheit bekommen, ihre Position zu klären. Anschließend werde darüber auf EU-Ebene gesprochen. Klar sei allerdings, dass das ausgehandelte Brexit-Abkommen „substanziell nicht nachverhandelbar“ sei.

s 07.24 Uhr: Märkte reagieren ruhig auf Ablehnung des Brexit-Deals s

Die harsche Ablehnung des Austrittsabkommens mit der EU durch das britische Parlament hat die Finanzmärkte zur Wochenmitte erst einmal kalt gelassen. „Die Märkte bleiben ruhig. Es hat den Anschein, als seien Händler und Investoren gut vorbereitet gewesen“, sagte Chefstratege Michael McCarthy vom Broker CMC Markets. Der Broker IG taxierte den Dax knapp zwei Stunden vor Handelsstart 0,15 Prozent höher auf 10 908 Punkte. Der britische Leitindex FTSE 100 wurde kaum verändert taxiert.

An der Wall Street hatten die großen Börsenindizes am Vorabend mit Gewinnen geschlossen. In Fernost melden die Aktienmärkte überwiegend leichte Aufschläge. Der Goldpreis als ein Indikator für die Risikoscheu von Anlegern legt zwar leicht zu, US-Staatsanleihen gaben dagegen etwas nach.

Größere Schwankungen gab es vor und nach der Abstimmung vor allem beim britischen Pfund. Mittlerweile hat sich die Lage aber auch hier beruhigt. Die britische Währung notiert zum US-Dollar in etwa wieder auf dem Stand von vor dem Brexit-Votum. „Das zeigt, wie unsicher der Austrittsprozess bleibt und wie wenig mit der gestrigen Entscheidung erreicht worden ist“, sagte Analyst Craig Erlam vom Broker Oanda.

s 04.24 Uhr: Beer fordert EU-Sondergipfel innerhalb von 48 Stunden s

Die designierte Spitzenkandidatin der FDP für die Europawahl, Nicola Beer, fordert einen EU-Sondergipfel innerhalb von 48 Stunden nach dem Scheitern des Brexit-Abkommens im britischen Parlament. Beer sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die Lage in Großbritannien sowie in der EU nach der Niederlage von Theresa May nach der Abstimmung ist dramatisch. Die EU muss sofort darauf reagieren.“ Es müsse umgehend ausgelotet werden, „welche Schritte die EU gehen kann, um sicherzustellen, dass es einen geordneten Brexit gibt und sich danach so enge Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien wie möglich entwickeln können“.

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