Plädoyer der Anklage
München (dpa) – Im NSU-Prozess hat die Bundesanwaltschaft ihre massiven Anklagevorwürfe gegen die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe detailliert untermauert.
Am zweiten Tag des Plädoyers legte Oberstaatsanwältin Anette Greger anhand vieler Beispiele dar, dass Zschäpe bei der Tarnung des «Nationalsozialistischen Untergrunds» eine zentrale Rolle gespielt habe und auch an der Beschaffung von Waffen beteiligt gewesen sei. Nur weil Zschäpe und ihre Freunde Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt so eng zusammengearbeitet hätten, hätten sie so lange unentdeckt Anschläge begehen können.
Die Bundesanwaltschaft wirft Zschäpe Mittäterschaft an allen Morden, Bombenanschlägen und Überfällen vor – auch wenn Zschäpe bei keinem Mord selbst geschossen habe. Sie soll aber gleichberechtigtes Mitglied der Terrorzelle gewesen sein. Das Plädoyer hatte am Dienstag nach mehr als vier Jahren Prozessdauer begonnen und soll rund 22 Stunden dauern, verteilt auf mehrere Tage. Mit einem Urteil des Oberlandesgerichts wird erst in einigen Monaten gerechnet.
Greger sagte in ihrem Schlussvortrag, alle drei hätten die Beschaffung von Waffen zu ihrem gemeinsamen Anliegen gemacht. Zschäpe selbst habe schon früh eine Gaspistole besessen, was sie in ihren Aussagen aber verschwiegen habe. Über die Jahre hinweg habe sich die Gruppe dann eine Vielzahl von Waffen, Unmengen an Munition und Sprengstoff besorgt. Allein in der letzten Wohnung des Trios fand man demnach zwölf Waffen, teils geladen und griffbereit, sowie 2,5 Kilogramm Schwarzpulver. Bei der Beschaffung einer Waffe, die der Mitangeklagte Holger G. dem Trio übergeben habe, sei Zschäpe «nicht unmaßgeblich eingebunden» gewesen, sagte die Oberstaatsanwältin.
Zur Tarnung des Trios sagte Greger, Zschäpe sei es darum gegangen, ihre Freunde «sorgfältigst abzusichern». Sogar untereinander hätten sich die drei mit ihren Tarnnamen angeredet. Auch bei der Beschaffung zahlreicher Ausweise war Zschäpe demnach maßgeblich beteiligt. Und: Zschäpe habe eine maßgebliche Rolle bei der Verwaltung des Geldes der Gruppe gehabt, sei in sämtliche relevanten Finanztransaktionen eingeweiht und in Geldangelegenheiten «bestimmend» gewesen.
Die Anklage sieht das NSU-Trio als eingeschworene Gemeinschaft: «Alle drei schweißte ein unbedingtes Vertrauen zusammen», sagte Greger und sprach von einer «sehr engen, vertrauensvollen Bindung». Das enge Zusammenspiel von Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt leitete Greger beispielsweise davon ab, dass der «Hauptcomputer» im Zimmer Zschäpes stand. Auch das «Haupthandy» und ein Laptop hätten ihr gehört.
Einen Nachweis, dass Zschäpe bei der Ausspähung von Anschlagszielen dabei war, habe die Beweisaufnahme nicht erbracht, sagte Greger. Davon hätten Mundlos und Böhnhardt möglicherweise wegen der «optischen Auffälligkeit» der Hauptangeklagten Abstand genommen. Zschäpe habe aber rund um den Zeitpunkt nach München telefoniert, als Böhnhardt und Mundlos dort einen der zehn Morde verübten. Das belege, dass Zschäpe von der Begehung der Tat unterrichtet gewesen sei.
Den Ermittlungen zufolge lebte Zschäpe fast 14 Jahre mit Mundlos und Böhnhardt im Untergrund. Die beiden Männer sollen während dieser Zeit die zehn vorwiegend rassistisch motivierten Morde, die Anschläge und Überfälle verübt haben. Die beiden brachten sich nach ihrem letzten Banküberfall um, um einer Festnahme durch die Polizei zu entgehen. Neben Zschäpe sitzen vier mutmaßliche Terrorhelfer auf der Anklagebank. Das Verfahren hatte am 6. Mai 2013 begonnen.
«Ich bin froh, dass es jetzt losgeht» – mit diesen Worten kommentierte Yvonne Boulgarides den Beginn der Plädoyers. Ihr Mann Theodoros Boulgarides war 2005 in seinem Münchner Laden ermordet worden, wo er einen Schlüsseldienst betrieb. Seine Witwe verfolgt mit ihren Töchtern den Vortrag der Anklagebehörde. Es sei gut, «dass die Dinge kurz gefasst beim Namen genannt werden», sagte Boulgarides. Der Prozess wurde bis Donnerstag unterbrochen.
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