Bis zum 2. Februar

Berlin (dpa) – CDU, CSU und SPD wollen ihre Koalitionsverhandlungen in rekordverdächtiger Zeit von einer guten Woche abschließen. Die 18 Arbeitsgruppen sollen bis zum 2. Februar Ergebnisse liefern.

Bei einer Klausurtagung am 3. und 4. Februar sollen diese dann abschließend beraten werden, wie der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Grosse-Brömer (CDU), in Berlin nach einer ersten Runde mitteilte.

Es gebe den klaren Willen,
die Verhandlungen dann zu einem guten Abschluss zu bringen. «Sollte das nicht vollständig gelingen, so stehen zwei weitere Tage zur Verfügung», fügte Grosse-Brömer hinzu. Schon vor Beginn des Treffens hatten die Vorsitzenden von CDU, CSU und SPD, Kanzlerin Angela Merkel, Horst Seehofer und Martin Schulz, unterstrichen, dass sie zügig, aber sorgfältig verhandeln wollten. Am Freitag nahmen auch die Arbeitsgruppen zu den Fachbereichen ihre Arbeit auf.

Sollte, etwa von SPD-Seite, noch mehr Zeit nötig sein, bliebe bis zum Beginn der Karnevalszeit noch Zeit für zwei bis drei weitere Verhandlungstage. Das würde dann der Union entgegenkommen, die unbedingt vor Weiberfastnacht am 8. Februar mit den Verhandlungen fertig werden wollte. Ihr Argument war, dass die SPD dann mindestens noch drei Wochen benötige, um ihre 440 000 Mitglieder über den Koalitionsvertrag abstimmen zu lassen. Sollte dies gelingen, könnte tatsächlich vor Ostern und damit sechseinhalb Monate nach der Bundestagswahl eine neue Regierung stehen.

Merkel sagte beim Eintreffen in der CDU-Zentrale in Berlin: «Die Menschen erwarten nunmehr wirklich, dass wir in die Richtung einer Regierungsbildung kommen.» Auch Schulz und Seehofer kündigten zügige Beratungen an. Die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer (SPD) sagte jedoch, es sei schwer zu sagen, ob die Verhandlungen bis zum Karnevalsstart abgeschlossen werden könnten. Grundsätzlich gelte: «Gründlichkeit kommt vor Eile.»

Es ist Merkels zweite und möglicherweise letzte Chance, die von ihr gewünschte stabile Regierung zu bilden. Nach dem miserablen Ergebnis bei der Bundestagswahl stehen sie, Schulz und Seehofer unter hohem Erfolgsdruck. Ende November waren die Sondierungen über ein Jamaika-Bündnis von Union, FDP und Grünen geplatzt.

Sie wolle in einer neuen Koalition Zukunftsimpulse setzen, sagte Merkel ähnlich wie Schulz. Es gehe um eine neue Dynamik für Deutschland. Als Projekte nannte die CDU-Vorsitzende die Digitalisierung der Schulen, schnellere Planungsverfahren zur Umsetzung von Investitionen und bessere Rahmenbedingungen für die Start-up-Szene. Schulz unterstrich zudem, angesichts der Herausforderungen aus China und den USA werde ein starkes proeuropäisches Deutschland gebraucht.

SPD-Vize Olaf Scholz gab sich allerdings skeptisch, dass eine erneute GroKo zu großen Reformen fähig sein werde. «Wir wissen alle, dass CDU und CSU schon damit zufrieden sind, sich an der Regierung zu halten. Ihnen fehlt der Anspruch, die Zukunft zu gestalten», sagte der Hamburger Bürgermeister der «Wirtschaftswoche».

Seehofer argumentierte, die Gespräche seien nach dem SPD-Parteitag nicht leichter geworden. Seine Partei werde aber «alles daran setzen, dass wir zu einem guten Ergebnis kommen». Angesichts der SPD-Forderungen in den Bereichen Arbeitsmarkt, Gesundheit und Migration betonte die Kanzlerin, das Sondierungspapier von Union und SPD sei ein sehr guter Rahmen für das, was nun in den Koalitionsverhandlungen noch zu leisten sei.

Aus der CDU kamen erneut Kompromisssignale beim Thema Gesundheit – auch wenn die SPD-Forderung nach einer Bürgerversicherung weiter strikt abgelehnt wurde. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) machte deutlich, dass er «milliardenschwere Mehrlasten für gesetzlich Versicherte durch eine Zwangsvereinigung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung oder einheitliche Arzthonorare» ablehne.

Allerdings wolle die Union «weitere Verbesserungen für gesetzlich Versicherte, ob es um die Versorgung im ländlichen Raum oder einen schnelleren Zugang zum medizinischen Fortschritt geht. Außerdem wollen wir die Servicestellen zur besseren Vermittlung von Arztterminen stärken», sagte Gröhe. Die SPD will aus der «Zwei-Klassen-Medizin» herauskommen. Sie beharrt auf eine Angleichung der Arzthonorare für Privat- und Kassenpatienten.

Der SPD-Parteitag hatte seinen Verhandlern vergangenen Sonntag drei Forderungen mit auf den Weg gegeben, die über das Ergebnis der Sondierungen hinausgehen: eine
Einschränkung sachgrundloser Jobbefristungen, ein Einstieg in das Ende der «Zwei-Klassen-Medizin» sowie eine weitergehende Härtefallregelung für den Familiennachzug von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus.

Die große Mehrheit der Bürger traut der SPD nicht zu, in den Koalitionsverhandlungen noch stark zusätzliche eigene Akzente setzen zu können, wie aus dem jüngsten «Deutschlandtrend» für das ARD-«Morgenmagazin» hervorgeht. Wäre am kommenden Sonntag Bundestagswahl, käme die SPD demzufolge nur noch auf 19 Prozent. Im Vergleich zum 4. Januar verliert die SPD zwei Prozentpunkte und kommt somit auf den niedrigsten Wert, den Infratest dimap seit Beginn des «Deutschlandtrends» im November 1997 gemessen hat.

Die 15er-Runde von Union und SPD:

CDU: Kanzlerin Angela Merkel, Unionsfraktionschef Volker Kauder, Kanzleramtsminister Peter Altmaier, Partei-Vize und hessischer Ministerpräsident Volker Bouffier, Unionsfraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer.

SPD: Parteichef Martin Schulz, Fraktionschefin Andrea Nahles, Generalsekretär Lars Klingbeil, Partei-Vizes und Ministerpräsidentinnen Malu Dreyer (Rheinland-Pfalz), Manuela Schwesig (Mecklenburg-Vorpommern), Hamburgs Erster Bürgermeister und Partei-Vize Olaf Scholz.

CSU: Parteichef Horst Seehofer, Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, Generalsekretär Andreas Scheuer, Vize-Generalsekretär Markus Blume.

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