Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet versucht, mit einem „Sofortprogramm“ zu den Themen Familien und Sicherheit im Endspurt der Bundestagswahl in die Offensive zu gelangen. Innere und äußere Sicherheit sowie Europapolitik seien in dem TV-Triell am Vorabend gar nicht angesprochen worden, sagte Laschet, nachdem die Parteigremien das Programm verabschiedet hatten.
Das Sechs-Punkte-Programm besteht aus Paketen für die Bereiche Familie, Sicherheit, Beschleunigung, Klimaschutz, Entlastung und Mittelstand, die nach dem 26. September so schnell wie möglich umgesetzt werden sollen. Demnach sind Entlastungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
mit kleinen und mittleren Einkommen sowie Familien vorgesehen und der Abbau von
Bürokratie für Unternehmen. „Das alles will ich unmittelbar nach
Amtsantritt als Bundeskanzler durchsetzen“, sagte Laschet. Das Programm solle in den ersten 100 Tagen einer von ihm geführten Regierung abgearbeitet werden.
Der CDU-Vorsitzende steht wegen historisch schlechter Umfragewerte unter Druck. Bei der zweiten TV-Debatte am Sonntag waren vor allem SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz und Laschet wiederholt heftig aneinandergeraten.
Inhaltlich nahmen die Themen Klimaschutz und bezahlbarer Wohnraum den
größten Raum ein. Außen- und Europapolitik spielten kaum eine Rolle.
Die Union verspricht nun unter anderem, Familien, Kinder, Alleinerziehende und pflegende Angehörige finanziell besser zu stellen, etwa durch höhere Grundfreibeträge für Kinder und ein höheres Kindergeld. Über einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer soll Familien der Kauf eines Eigenheims erleichtert werden. Mehr Videokameras an öffentlichen Orten sollen für mehr Sicherheit sorgen, im Kanzleramt soll ein Nationaler Sicherheitsrat eingerichtet werden. Zudem sollen äußere und innere Sicherheit besser verknüpft werden, indem etwa Informationen über Gefährder innerhalb von Europa besser ausgetauscht werden sollen.
Die Union will weiterhin Genehmigungsverfahren für Bauprojekte beschleunigen und Bürger sowie Unternehmen von Bürokratie entlasten. Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen sollen steuerlich besser absetzbar werden, für Solardächer soll es zinslose Darlehen geben. Durch einen höheren Arbeitnehmerpauschbetrag wollen CDU und CSU kleine und mittlere Einkommen entlasten, die Minijobgrenze soll von 450 auf 550 Euro steigen. Dem Mittelstand und Handwerk verspricht die Union stabile Lohnzusatzkosten bei maximal 40 Prozent und eine kostenfreie Meisterausbildung.
Nach der Sitzung zog Laschet rote Linien für mögliche Koalitionsgespräche nach der Wahl. „Keine Steuererhöhungen – das ist die Position von CDU und CSU, Punkt“, sagte er. „Das ist die klare Ansage, um wieder zu Wachstum zu kommen.“
Grünen kritisieren „Sofortprogrämmchen“
Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner kritisierte den Plan. „Dem Sofortprogrämmchen von Armin Laschet fehlt der Plan, wie er die Klimaziele erreichen will“, etwa entschiedene Maßnahmen, um die Erneuerbaren auszubauen oder aus der Kohle auszusteigen oder um die Transformation der sozial-ökologischen Gesellschaft zu schaffen, sagte er.
Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken warf Laschet Defizite bei sozialer
Gerechtigkeit und Klimaschutz vor. „Respekt für Arbeit scheint
für die CDU keine Rolle zu spielen“, sagte Esken. Sie verwies unter
anderem auf das Nein Laschets zu einer Erhöhung des Mindestlohns und darauf, dass der CDU-Chef „keinen Plan für die Stabilität der Renten“ habe. Zudem wolle Laschet den Stopp der Klimakrise der Wirtschaft überlassen.
Ökonom warnt vor Haushaltslöchern im zweistelligen Milliardenbereich
Auch von wirtschaftswissenschaftlicher Seite gab es Kritik, wonach das Programm große Löcher in den Staatshaushalt reißen würde. Der Ökonom Jens Südekum von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf sagte, es enthalte eine Reihe teurer Versprechen – von der Deckelung des Eigenbeitrags in der Pflege bis zur Kostenübernahme der Meisterausbildung. Gleichzeitig würden Steuerentlastungen in Aussicht gestellt, etwa durch eine Erhöhung des Kinderfreibetrages. „Die Finanzierung dieser Maßnahmen ist völlig unklar“, sagte der Professor, der Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums ist. „Es wird zu Haushaltslöchern im zweistelligen Milliardenbereich kommen. Diese allein durch Wirtschaftswachstum auffangen zu wollen, ist nicht realistisch.“ Somit müsse die Union offen sagen, dass sie auch in den kommenden Jahren auf höhere Schulden setze.
Der CSU-Vorsitzende und Laschets einstiger Konkurrent um die Unions-Kanzlerkandidatur, Markus Söder, hatte am Wochenende gesagt, dass nur noch wenige Tage Zeit blieben, um ihre schlechten Umfragewerte vor der Bundestagswahl umzukehren. Die Union könne trotz ihres Abstiegs in den Wählerumfragen noch einen Wahlsieg schaffen. Mit dem CSU-Parteitag am Wochenende wollte Söder eine Trendwende einleiten, dabei sollte auch das TV-Triell helfen. CSU-Generalsekretär Markus Blume lobte das 100-Tage-Programm als starken Aufschlag.
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