In einer warmen Sommernacht packte Schwester Ferdous Zora ihre Habseligkeiten und flüchtete. Die Nonne schlich sich aus dem Konvent der Dominikanerinnen der heiligen Katharina von Siena in Karakosch. In dieser Stadt war sie aufgewachsen, hier sang sie im Chor, hier empfing sie die erste Kommunion, hier trat sie schließlich auch ins Kloster ein.
Doch im Juni 2014 eroberte die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) die Kleinstadt in der Nähe von Mossul. Bis dahin war Karakosch mit seinen 50.000 Einwohnern das Zentrum der syrisch-katholischen Kirche im Nahen Osten. Mehr als zehn Kirchen zählte der Ort.
Als der IS vor mehr als zwei Jahren vor den Toren der Stadt stand, machten sich Zehntausende Christen auf den Weg. Die meisten von ihnen flüchteten aus ihrer Heimat in die kurdischen Autonomiegebiete im Nordirak.
Mitte Oktober gelang es der irakischen Armee und verbündeten Milizen Karakosch vom IS zu befreien. Nun sind auch sieben Nonnen vom Konvent der Dominikanerinnen der heiligen Katharina von Siena in die Stadt zurückgekehrt. Der Fotograf Eugenio Grosso hat sie dabei begleitet.
Die Kirche ist völlig ausgebrannt, ihr Wohnhaus verwüstet. Aus Angst vor den versteckten Sprengfallen des IS betreten die Schwestern ihr Kloster nur sehr vorsichtig. Die Dschihadisten hatten den Kirchenbau in ein Verwaltungszentrums ihres sogenannten Staates verwandelt.
Einst lebten in Karakosch und Umgebung Muslime und Christen weitgehend friedlich zusammen. Doch nach mehr als zwei Jahren IS-Herrschaft bezweifeln selbst die Nonnen, dass das Vertrauen zwischen beiden Religionsgemeinschaften wiederhergestellt werden kann.
„Im Arabischen benutzen wir alle dasselbe Wort für Gott: Allah“, sagt eine der Ordensschwestern. „Aber nach alldem, was sie hier verbrochen haben, wie können wir da sagen, dass wir alle an denselben Gott glauben?“
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