Von Sandra Walder und Johannes Schmitt-Tegge, dpa

Scharfe Kritik an UN

Genf/New York (dpa) – Die ehemalige UN-Chefanklägerin Carla Del Ponte hat ihren baldigen Rückzug aus der Syrien-Untersuchungskommission der Vereinten Nationen mit scharfer Kritik verbunden.

«Wir haben überhaupt keinen Erfolg. Seit fünf Jahren rennen wir Mauern ein», sagte Del Ponte der Schweizer Boulevard-Zeitung «Blick» am Rande des Locarno Filmfestivals. Sie wolle nicht weiter eine «Alibi-Ermittlerin ohne politische Unterstützung» sein. Die UN bestätigten am Sonntag den für Herbst geplanten Rückzug der 70-jährigen Schweizer Juristin.

Es gebe in Syrien keine Guten mehr, sagte Del Ponte. «Alle in Syrien sind böse. Die Regierung Assad, die schreckliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt und Chemiewaffen einsetzt. Und die Opposition, die nur noch aus Extremisten und Terroristen besteht.» Die internationale Gemeinschaft habe nicht aus den Gräueltaten in Ruanda gelernt, kritisierte Del Ponte. Russland unterstütze vielmehr den syrischen Machthaber Baschar al-Assad und liefere Waffen.

Del Ponte trat der Syrien-Untersuchungskommission 2012 bei, der nun nur noch der Brasilianer Paulo Pinheiro und die US-Amerikanerin Karen AbuZayd angehören. Das Gremium dokumentierte in zahlreichen Berichten Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in dem Bürgerkriegsland. Zudem erstellte es eine Liste mit mutmaßlichen Tätern der schlimmsten Verbrechen.

Del Pontes Frustration dürfte vor allem daher rühren, dass eine strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen auch nach sechs Jahren Krieg mit mehr als 400 000 Toten und Millionen Vertriebenen nicht absehbar ist. Pinheiro und AbuZayd kündigten dennoch an, ihre Arbeit fortzusetzen. In einer Mittilung sprachen sie von der «Verpflichtung, auf die Arbiet (der Kommission) zu bestehen».

Die UN würdigten den Einsatz der 70-Jährigen, erklärten aber, dass die Ermittlungen unvermindert fortgesetzt werden müssten. «Diese Bemühungen werden aktuell mehr gebraucht denn je.»

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