Berlin/Moskau – Deutsche Medienregulierer haben ein Verfahren gegen das russische Staatsmedium RT eingeleitet, weil es trotz fehlender deutscher Rundfunklizenz ein deutschsprachiges Live-Programm gestartet hat.
Bei dem neuen RT-Format, das über mehrere Plattformen abrufbar ist, handele es sich «fraglos» um Rundfunk, sagte die Direktorin der Medienanstalt Berlin-Brandenburg, Eva Flecken, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.
Dafür sei bei der Medienanstalt weder eine Rundfunkzulassung beantragt noch erteilt worden. «Wir haben daher heute ein förmliches Verfahren eingeleitet. Die Veranstalterin hat bis zum Ende des Jahres Zeit, sich zur Sache zu äußern.» Bei einem solchen Verfahren kann am Ende den Angaben zufolge theoretisch ein Bescheid ergehen, der das Programm untersagt. Auch ein Bußgeld bis zu einer halben Million Euro ist möglich. Der Programmveranstalter kann dagegen klagen.
Der im Westen immer wieder als Propagandainstrument des Kremls kritisierte Sender RT – früher Russia Today – will in Deutschland sein Angebot ausbauen und hat sein deutschsprachiges TV-Programm schon länger geplant. Seit Donnerstag ist der Livestream nun unter anderem auf der Webseite von RT DE, das einen Standort in Berlin hat, zu sehen. Zudem wird er Angaben des Mediums zufolge auch per Satellit in 33 europäische Länder gesendet – dank einer Lizenz in Serbien, das eine prorussische politische Führung hat.
TV-Anbieter benötigen eine deutsche Rundfunklizenz
Doch TV-Anbieter benötigen für bundesweite Programme in Deutschland – unabhängig vom Verbreitungsweg – eine deutsche Rundfunklizenz. Als Zulassungsvoraussetzung gilt unter anderem, dass das verfassungsrechtliche Prinzip der Staatsferne des Rundfunks nicht verletzt werden darf, also ein Staat oder eine Partei keinen Einfluss auf die Programminhalte nehmen dürfen.
Ein früheres Vorhaben von RT, über luxemburgische Behörden eine Lizenz zu bekommen, war gescheitert. Einige Kommentatoren werteten den Weg über Serbien nun als Umgehungsversuch, um trotzdem Fernsehzuschauer in Deutschland zu erreichen. In einer Mitteilung wies RT DE solche Vorwürfe zurück und berief sich auf das sogenannte Europäische Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen, auf dessen Grundlage das Senden nach Deutschland über die serbische Lizenz erlaubt sei. Nach Auffassung der Medienanstalt Berlin-Brandenburg wird das Programm von der RT DE Productions GmbH mit Sitz in Berlin veranstaltet und falle somit unter die deutsche Rechtshoheit.
Für Ärger in Moskau sorgte unterdessen vor allem, dass ein ebenfalls zum neuen RT-Programm gehörender Youtube-Kanal nur wenige Stunden nach seinem Start unter Verweis auf die Verletzung von Nutzungsbedingungen direkt wieder blockiert wurde. Die russische Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor drohte dem Google-Konzern, zu dem Youtube gehört, daraufhin mit einer Blockade der Video-Plattform im flächenmäßig größten Land der Erde – sollte der Kanal nicht wieder freigegeben werden. Die Behörde sprach von einem «Akt der Zensur» gegen RT DE.
Bereits zwei deutschsprachige RT-Kanäle auf Youtube gesperrt
Youtube hingegen begründete die Sperrung von RT DE damit, dass dem russischen Medium bereits im September gekündigt worden sei und danach kein anderer Youtube-Channel genutzt werden dürfe. Der Kündigung vorausgegangen wiederum waren die Sperrungen zweier anderer deutschsprachiger RT-Kanäle, weil dort gegen eine Richtlinie zu Corona-Missinformationen verstoßen worden sein soll. Damals schaltete sich sogar der Kreml in Moskau ein und kritisierte das Vorgehen von Youtube scharf. RT-Chefredakteurin Margarita Simonjan sprach von einem «Medienkrieg», den Deutschland Russland erklärt habe.
RT steht immer wieder in der Kritik. Ein zentraler Vorwurf lautet, das Medium verbreite im Auftrag des russischen Staates Verschwörungstheorien und Desinformationen. RT weist das zurück. Der Sender überträgt mehrere fremdsprachige Programme. Auch auf Deutsch bietet der Sender bereits seit längerem Online-Berichte an. Der rund um die Uhr live gesendete Nachrichtendienst ist aber neu.
© dpa-infocom, dpa:211217-99-422669/4
Lesen Sie mehr auf Quelle