heute ist es so weit, Amerika wählt und das Land ist, so heißt es, polarisiert wie zuletzt im amerikanischen Bürgerkrieg. Manchmal frage ich mich, warum. Schließlich sind sich die Kandidaten doch in vielem so ähnlich: beide weiß, beide reich, beide nicht jung, nicht besonders ehrlich, aufrichtig oder sympathisch.
In den letzten Stunden konzentriert sich jedenfalls alles auf die entscheidenden Swing States. Die neuesten Umfragen sehen Trump in Ohio vorn, in Florida und North Carolina hat dagegen Clinton einen hauchdünnen Vorsprung. Es deutet alles darauf hin, dass es eng wird und ein Ergebnis erst am Mittwochmorgen deutscher Zeit vorliegt.
Im Wahl-Newsblog von SPIEGEL ONLINE gibt es alle aktuellen Nachrichten. In den USA sowie in den Newsrooms in Hamburg und Berlin werden 50 Kollegen im Einsatz sein. Extra für die Wahlnacht wurde in New York, wo Clinton und Trump auftreten werden, ein Newsroom eingerichtet. Reporter sind bei den Wahlpartys dabei, auch in Berlin. Ich fürchte, ich werde mir da auch irgendwo die Nacht um die Ohren schlagen, um Sie morgen früh hoffentlich über das Ergebnis zu informieren. Mehr zum Programm von SPIEGEL ONLINE zur Wahlnacht finden Sie hier.
„Dad, warum wählst du Trump?“
Auf dem Programm von SPIEGEL ONLINE steht heute auch ein Streitgespräch zwischen Vater und Tochter, wie es gerade in vielen amerikanischen Familien geführt wird: Er wählt Trump, sie wählt Clinton, und jeder fragt den anderen: „Wie kannst du nur?“ Der Wahlkampf als Generationenkonflikt.
Länger leben, länger arbeiten
In Berlin läuft bis zum Abend das normale Politprogramm. Am späten Nachmittag kommen die Partei- und Fraktionsvorsitzenden von Union und SPD im Kanzleramt zusammen. Das Spitzentreffen soll klären, ob die Koalition beim Thema Rente in dieser Legislaturperiode noch etwas auf die Reihe bekommt. Von Kanzlerin Merkel weiß man nicht so genau, was sie will, man weiß nur, was sie nicht will: Dass das Thema Rente im Wahlkampf 2017 eine große Rolle spielt (alle Fakten zum Thema Rente finden Sie hier im Erklärformat „Endlich verständlich“).
Die Union denkt darüber nach, die Deutschen später in Rente zu schicken, sogar CSU-Chef Seehofer kann neuerdings der Idee, das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung zu koppeln, etwas abgewinnen. Sie kam übrigens zuerst von Finanzminister Schäuble. Man könnte auch sagen: Niemand verkörpert sie so überzeugend wie der 74-jährige Minister.
Amerikanisches Vorbild
In Marrakesch auf der Weltklimakonferenz beraten Vertreter aus fast 200 Staaten, wie das Pariser Klimaschutzabkommen umgesetzt werden kann. Deutschland tut sich dabei durch minimalen Ehrgeiz hervor. Die Regierung konnte sich bisher nicht auf einen Klimaschutzplan verständigen. Anders die USA: Sie wollen, so heißt es, in Marokko langfristige Ziele zur CO 2-Reduzierung vorlegen. Barack Obama entwickelt auf der Zielgeraden seiner Präsidentschaft noch globale Ambitionen.
Die jüngsten Meldungen aus der Nacht
- Kampf ums Weiße Haus: Was Sie jetzt zur US-Wahl wissen müssen
- Polit-Skandal in Südkorea: Ermittler durchsuchen Samsung-Büros in Seoul
- „Hart aber fair“ zu Renten: „Nicht Alt gegen Jung, sondern Arm gegen Reich“
Gewinnerin der Tages…
… ist Annegret Kramp-Karrenbauer, die Ministerpräsidentin des Saarlands. Denn: Kanzlerin Merkel empfing „AKK“ gestern Morgen vor der Sitzung des CDU-Präsidiums für mehr als eine Stunde, und die Berliner Gerüchteküche ist sicher, dass es dabei um ein ganz bestimmtes Thema gegangen sein muss: die Nachfolge von Bundespräsident Gauck. Merkel hatte beim Bellevue-Gipfel am vergangenen Sonntag von SPD-Chef Gabriel noch eine Woche Schonfrist bekommen, um eine Kandidatin (oder einen Kandidaten) aufzubieten, bevor sich die Sozialdemokraten endgültig auf Außenminister Steinmeier festlegen. Kramp-Karrenbauer wäre eine Bewerberin, die auch für manchen links der Union wählbar sein dürfte. Die Frau mit der pragmatisch-provinziellen Anmutung führt in Saarbrücken eine Große Koalition. Im Bundesrat machte sie zum Beispiel bei der Frauenquote mit der SPD gemeinsame Sache.
Für mich gibt es noch eine Gewinnerin, ihr Sieg liegt allerdings schon zwei Tage zurück. Sie heißt Anne Will und hat seit ihrer Sendung am vergangenen Sonntag einen kleinen Shitstorm erlebt – weil sie die Nikab-Trägerin Nora Illi in ihre Sendung eingeladen hatte. Sie hätte der vollverschleierten Islamistin keine Bühne bieten dürfen, hieß es. Das sehe ich anders. Talkshow muss Bühne sein! Und wenn es um Radikalisierung geht, dann möchte ich dazu nicht nur Soziologen hören. Wir haben lange genug über das Burka-Verbot gestritten, ohne dass jemals eine Burka-Trägerin zu Wort gekommen wäre. Bravo statt Buh, das war mehr als Talk, es war eine echte Auseinandersetzung.
Ich wünsche Ihnen einen spannenden Wahltag!
Mit herzlichem Gruß,
Ihre Christiane Hoffmann
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