in diesen Stunden fällt Aleppo. Die letzten Verteidigungslinien der Rebellen kollabieren, die regimetreuen schiitischen Milizen rücken vor, und die russischen Bomber konzentrieren ihre Angriffe auf das winzige Gebiet, das den Anti-Assad-Kräften noch geblieben ist. Die Rebellen haben mehr als 95 Prozent des Gebiets verloren, das sie bis vor einem Monat noch in Ost-Aleppo kontrollierten. Aktivisten senden verzweifelte Abschiedsvideos in die Welt, die dem großen Sterben nur ohnmächtig zusieht.
Die Berichte aus der Stadt schildern eine apokalyptische Situation für die verbliebenen Zivilisten: Gräuel durch Regimetruppen, die Straßen voller Leichen, keine Nahrung mehr, kein Schutz vor Bomben. Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon äußert sich „alarmiert“, wieder einmal. Für die internationale Gemeinschaft ist das blutige Ende von Ost-Aleppo ein erschütterndes Versagen, für Diktator Baschar al-Assad und seinen Verbündeten Wladimir Putin ein großer Sieg. Sie kontrollieren nun alle Bevölkerungszentren. Der Krieg in Syrien ist damit allerdings noch lange nicht zu Ende.
Trump, die Russen und die Republikaner
Es könnte ein entscheidender Moment in der Beziehung zwischen Donald Trump und der republikanischen Mehrheit im US-Senat werden: Mehr als ein Dutzend republikanischer Senatoren, inklusive Fraktionschef Mitch McConnell, unterstützt eine offizielle Untersuchung der CIA-Vorwürfe, dass Russland versucht habe, die Wahl zugunsten von Trump beeinflussen (hier lesen Sie den Überblick über Vorwürfe und Fakten). Die Untersuchung könnte ein Test werden, ob die Republikaner in der Lage sind, gegen ihren Präsidenten gelegentlich Widerstand zu leisten. Die Clinton-Wahlkampagne fordert nun gar, dass alle Geheimdienstinformationen über das russische Hacking öffentlich gemacht werden.
Die Türkei und der EU-Beitritt
Beim EU-Außenministertreffen droht heute ein Eklat: Österreich, die Niederlande und Bulgarien wollen die EU-Beitrittsverhandlungen für die Türkei aussetzen. Allerdings vertreten sie damit eine Minderheit, durchsetzen können sie sich kaum – aber sie können die Abschlusserklärung blockieren, als eine Art Protestnote. Derweil verstärkt die EU auf den griechischen Inseln nach SPIEGEL-Erkenntnissen den Grenzschutz mit Frontex-Beamten – für den Fall, dass die Türkei den Flüchtlingsdeal aufkündigen sollte.
Hollande bei Merkel
Das heutige Treffen zwischen Angela Merkel und François Hollande in Berlin hat bereits etwas von Abschied, auch wenn die beiden Politiker sich bis zur französischen Präsidentschaftswahl im Mai noch einige Male begegnen werden. Es ist das erste Mal, dass die beiden sich sehen, seit Hollande angekündigt hat, nicht für eine zweite Amtszeit zu kandidieren. Seither hat sich seine Beliebtheit laut einer Umfrage übrigens deutlich gesteigert – von 16 auf 29 Prozent.
Die jüngsten Meldungen aus der Nacht
- USA-Newsblog: Trump will offenbar Tillerson zum Außenminister machen
- Fake News: CDU-Politiker wollen Strafverschärfung
- RTL bringt „Der heiße Stuhl“ zurück: Mangelnder Anstand als Sendungskonzept
Gewinnerinnen des Tages
Das EU-Parlament verleiht heute den Sacharow-Menschenrechtspreis an die Jesidinnen Nadja Murad und Lamia Hadschi Baschar für ihren Kampf gegen den „Islamischen Staat“. SPIEGEL-Reporter Ralf Hoppe traf Nadia Murad vor zwei Jahren im Irak und schrieb damals ihre Geschichte auf: Neun Tage lang war sie in der Gewalt des IS, wurde von Kämpfern missbraucht und konnte fliehen. Seither ist sie zu einer Art Sprecherin der rund 3000 noch immer verschleppten Jesidinnen geworden, ist zur Uno-Sonderbotschafterin ernannt worden, hat vor dem Sicherheitsrat gesprochen und wird von der Menschenrechtsanwältin Amal Clooney vertreten.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag.
Herzlich,
Ihr Mathieu von Rohr
Read more on Source