Football ist in den USA offenbar immer noch wichtiger als der umstrittene neue Präsident. Das erste Fernsehinterview mit Donald Trump wurde verspätet ausgestrahlt, weil CBS am Sonntag noch das Ende des Spiels Miami Dolphins gegen San Diego Chargers übertrug. Miami gewann in letzter Minute. Als bräuchte Amerika zum Ende dieser Woche noch mehr knappe Ergebnisse.
Alle, die auf das bereits am Freitag aufgezeichnete Interview mit Trump warteten, konnten sich die Zeit mit den ersten Personalentscheidungen vertreiben, die der Republikaner wenige Stunden vor dem Interview öffentlich machte. Reince Priebus wird Stabschef im Weißen Haus, der 44-Jährige ist bislang Parteichef der Republikaner und pflegt gute Kontakte zu Paul Ryan, Sprecher des Repräsentantenhauses. Trumps Botschaft ist eindeutig: Priebus gehört zum Establishment und ist ein Politiker, der Brücken zur Partei schlagen kann. Erst einmal keine ganz furchtbare Wahl.
Doch Trump wäre nicht Trump, würde er es dabei belassen. Gleichzeitig machte er Stephen Bannon zu seinem Chefstrategen. Der Rechtsaußen-Hardliner, der Trumps Wahlkampf in den vergangenen Monaten geführt hat, soll absolut gleichberechtigt mit Priebus arbeiten. Bannons Einfluss auf Trump wird als extrem hoch eingeschätzt.
Welchen Weg will Trump also einschlagen: Sucht er mithilfe von Priebus eine Annäherung an die Partei, die ihn im Wahlkampf wenig unterstützt hat und deren Strukturen und Persönlichkeiten er oft beleidigt und belächelt hat? Oder zieht er die populistischen Thesen seines Wahlkampfs mit Bannon durch, der als ehemaliger Chef der Website Breitbart News Agitator der rechten Stimmen in den USA ist? Mit Bannon wird ein echter Rechtspopulist an zentraler Stelle im Weißen Haus sitzen. Kritiker haben ihn wiederholt als Antisemiten bezeichnet – was der 62-Jährige von sich weist.
Trump inszenierte sich im Königsstil
Das Interview, das am Sonntag in die amerikanischen Wohnzimmer gesendet wurde, lieferte ähnlich wie die Entscheidung für das Duo Priebus/Bannon keine befriedigende Antwort auf die Frage, wie Trumps Präsidentschaft aussehen könnte. Der 70-Jährige inszenierte sich in dem Gespräch im Königsstil, er saß auf einem goldenen Stuhl in seinem Penthouse im Trump Tower in New York. Im Hintergrund der weiße Flügel.
CBS-Journalistin Lesley Stahl ließ Trump über seinen Wahlerfolg schwärmen und wiederholt unkommentiert sagen, der Sieg über Clinton sei „leicht“ gewesen. Das vorab aufgezeichnete Interview gab Trump die größtmögliche Kontrolle, und Stahl stellte als Fragestellerin keine Gefahr dar.
Ob er etwas im Wahlkampf bereue? „Nein“, sagte Trump, der aber wie schon in den Tagen zuvor lobende Worte für Clinton und Obama fand. Das Treffen im Weißen Haus sei sehr gut und interessant gewesen. Er habe dabei sehr ernst gewirkt, sagte Stahl. „Ich bin tatsächlich ein sehr nüchterner Mensch“, sagte Trump, der die Medien dafür kritisierte, ihn während des Wahlkampfs als einen wilden Kandidaten inszeniert zu haben. Journalistin Stahl ließ das so stehen.
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