KLOSTER LORSCH Bürgermeister Christian Schönung erklärt, was Stadt und Region vom Welterbestatus haben
LORSCH – Mit einem Festakt wird morgen die Aufnahme des Klosters Lorsch in die Reihe der Weltkulturerbe-Stätten vor 25 Jahren gefeiert. Bürgermeister Christian Schönung erklärt die Bedeutung dieses Labels.
Herr Schönung, am Dienstag wird es einen Festakt 25 Jahre Weltkulturerbe Kloster Lorsch geben. Was gibt es denn da zu feiern?
Es gilt, die Aufnahme Lorschs in einen Kreis erlauchter Stätten in Deutschland und in der Welt zu feiern. Die Dome von Aachen, Speyer und Köln gehören in diesem Land dazu oder die Wartburg und der Limes. Das bedeutet eine enorme Aufwertung von Lorsch.
Aber die Besucher kommen doch wegen eines herausragenden Baudenkmals aus dem Mittelalter und nicht, weil ein Label der Unesco draufpappt?
Sowohl als auch. Am Anfang des Interesses stand das Baudenkmal. Aber seit 25 Jahren hat das Kloster Lorsch auch einen besonderen Rang, in den es die Unesco erhoben hat. Es gibt Touristen, die solche ausgezeichneten Orte sammeln, wie andere Briefmarken sammeln.
Nun heißt das Zentrum von Dresden nicht mehr Welterbe, trotzdem fahren Touristen in Scharen hin.
Wenn eine Stadt derart markante Denkmäler hat wie Dresden, kann sie diesen Verlust verschmerzen. Für Lorsch ist dieses Label eminent wichtig. Wir sind nicht das klassische kulturtouristische Ausflugsziel wie Dresden, einfach weil viel weniger zu sehen ist und das Erhaltene sich nicht von selbst erklärt.
Wie lässt sich messen, in welchem Ausmaß das Kloster Lorsch ein Wirtschaftsfaktor für die Stadt und die Region ist?
Was die Stadt betrifft, ist der Effekt in der engsten Definition vor allem an der Gastronomie zu betrachten. Rund um den Marktplatz in Klosternähe ist sie nachweislich in bestem Zustand, und sie expandiert weiterhin. Zu den Wirtschaftsdaten gehören aber auch die Grundstückswerte.
Die steigen wegen einer Klosterruine?
So sehe ich das. Der Charme dieses Städtchens, das Selbstbewusstsein seiner Bürger – all das gehört zur Attraktivität als Wohnort, und diese spiegelt sich im Wohnwert wider. Die Nachfrage ist groß. Was wir noch nicht richtig hinbekommen, obwohl es erfolgversprechende Ansätze gibt, ist das Merchandising rund um das Kloster.
Nun ist der Werbeeffekt das eine, die Unesco als weitere Institution, die ein Wörtchen mitzureden hat, das andere. Haben Sie es erlebt, dass deren Mitarbeiter in Lorscher Belange eingreifen wollten?
Es hat immer wieder Gespräche und Schriftverkehr gegeben, insbesondere mit Icomos, der Zertifizierungsgesellschaft der Unesco. Diese sagt schon klar, was sie als schützenswerte Kernzone des Klosters Lorsch ansieht, in der nicht gebaut werden kann.
Deshalb wurde ja auch die Planung angepasst für den 2015 abgeschlossenen Umbau der Welterbestätte.
Richtig. Die Standorte von Besucherinformationszentrum und Freilichtlabor Lauresham wurden nach Vorgaben der Icomos festgelegt. Lorsch und die Schlösserverwaltung haben sich danach gerichtet im Vertrauen auf die Erfahrung der Experten und wollten keine Gefährdung des Welterbestatus.
Können Sie der Stadt Darmstadt also uneingeschränkt empfehlen, für die Mathildenhöhe den Status Welterbe anzustreben?
Auf jeden Fall, das wäre eine große Bereicherung. Auch für uns, da sich so das Netzwerk der Welterbestätten in der Region verdichten könnte. Besucher wären in der Lage, an einem Tag Darmstadt, die Grube Messel und Lorsch zu sehen. Das ist touristisch sehr gut als Paket zu vermarkten.
Aber verliert das Gütesiegel durch massenhafte Verbreitung nicht an Wert?
Das würde ich nicht sagen. Die Welterbestätten bereichern sich gegenseitig, erst recht, weil sie ganz verschiedene Spektren abdecken.
Das Interview führte Christian Knatz.
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