Aus Frankreich und Deutschland hagelte es undiplomatisch scharfe Einsprüche, Kanadas Premier Justin Trudeau versprach, alle von Donald Trump abgewiesenen Flüchtlinge vorerst in seinem eigenen Land zu beherbergen. Aus nahezu allen Teilen der Welt gibt es massive Kritik an Trumps Einreiseverbot. Nur aus dem Herzen der arabischen Welt, aus Ägypten und Saudi-Arabien, ist bislang kein einziges Wort des Protestes zu hören.
Die Azhar in Kairo, die höchste Lehranstalt des sunnitischen Islam, verurteilte zwar vehement das Moschee-Attentat in Québec, zu Trumps Visasperre jedoch hüllen sich die obersten Religionshüter in Schweigen. Genauso stumm blieb die Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) in der saudischen Hafenstadt Dschidda, der 56 muslimische Staaten angehören und die sich sonst immer als Sprachrohr der islamischen Welt versteht. Der Generalsekretär der Arabischen Liga, der ehemalige Mubarak-Außenminister Ahmed Abul Gheit, brauchte mehr als zwei Tage, um ein paar Worte des Missfallens zu finden.
Denn die beiden Schwergewichte des nahöstlichen Staatenbundes wollen keinen Streit mit den Vereinigten Staaten. Mit der innerarabischen Solidarität war es nie gut bestellt, obendrein dient Trumps provokantes Vorgehen ihren strategischen Machtinteressen.
Denn der Visastopp zielt vor allem auf Intimfeind Iran und könnte dessen Annäherung an den Westen nach dem Atomvertrag wieder zunichtemachen. Zusätzlich sind mit Syrien, Irak und Jemen jene Länder betroffen, in denen die Islamische Republik wachsenden Einfluss ausübt.
„Ein fantastischer Kerl“
Die Heimatstaaten der Attentäter des 11. September dagegen – Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, Ägypten und Libanon – bleiben unbehelligt, obwohl die Anordnung Trumps drei Mal auf diese blutigste Terrortat in der amerikanischen Geschichte Bezug nimmt. Nicht im Visier stehen auch Afghanistan und Pakistan sowie die Maghrebstaaten Tunesien und Marokko, obwohl von dort die meisten ausländischen Kämpfer des „Islamischen Staates“ kommen.
Dagegen hat von den sieben betroffenen Nationen in den letzten zwei Jahrzehnten niemand einen US-Bürger auf amerikanischem Boden durch eine Terrortat getötet, wie eine Studie des konservativen Cato-Instituts belegt.
Und so ducken sich die anderen jetzt weg. Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sissi will seine Beziehung zu Donald Trump auf keinen Fall belasten. „Einen fantastischen Kerl“ hatte der US-Präsident den ägyptischen Staatschef Sissi nach einem Treffen der beiden während des Wahlkampfes genannt. Sissi setzt darauf, dass das Weiße Haus seine Diktatur stützt, die Waffenhilfe nicht antastet und die Muslimbruderschaft zur Terrororganisation erklärt.
Luxusvillen und Golfplätze
Saudi-Arabien wiederum will vor allem die antiiranische Stoßkraft des Visaerlasses nicht schmälern, zumal das Land als Öllieferant für die Weltwirtschaft unentbehrlich und als größter Waffenkäufer auf Erden langjähriger Vorzugskunde der amerikanischen Rüstungsindustrie ist. Allein in den acht Jahren der Obama-Präsidentschaft lieferten die USA Waffen im Wert von 120 Milliarden Euro an das Königshaus.
Umgekehrt hat auch das Trump-Imperium Wirtschaftsinteressen auf der Arabischen Halbinsel. In Dubai baut der Konzern ein ganzes Viertel mit Luxusvillen sowie zwei Golfplätze, von denen einer durch die Sportlegende Tiger Woods entworfen wurde. In der Stadt Dschidda ließ Trump im August 2015 acht Firmen registrieren, die in der Hotelbranche aktiv werden sollen. „Saudi-Arabien, mit denen komme ich klar“, brüstete sich der Immobilienunternehmer damals auf einer Wahlkampfveranstaltung in Alabama. „Sie kaufen Apartments von mir, sie geben 40 oder 50 Millionen Dollar aus“, rief er. „Soll ich sie deshalb nicht mögen? Ich mag sie sehr.“
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