Klimaminister Robert Habeck hat von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) Zugeständnisse
für einen schnelleren Windenergieausbau gefordert. „Wir brauchen eben auch einen ökologischen
Patriotismus zum Ausbau von schwierigen Techniken wie der
Windkraft“, sagte der Grünenpolitiker in München nach einem Treffen mit Söder. Beim CSU-Chef stieß er allerdings auf Skepsis.
Ein großes Problem sieht Habeck in den
bayerischen Abstandsregeln zu Wohngebäuden, die hier
mindestens das Zehnfache der Höhe der Windräder vorsehen
(10-H-Regel). Söder widersprach, es gebe andere Gründe als die
Regel: „Deshalb glauben wir, dass sie bleiben kann.“ Man wolle
aber über Ausnahmen reden und prüfen, was im bayerischen
Staatswald möglich sei. Beide vereinbarten, dass Bayern bis spätestens
März dazu einen Bericht vorlegt.
Die neue Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030
rund 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien zu
gewinnen. Windenergie an Land kommt dabei die zentrale Rolle zu.
Dafür sollen zwei Prozent der Fläche Deutschlands reserviert
werden. In den vergangenen Jahren war der Ausbau wegen fehlender
Flächen fast vollständig zum Erliegen gekommen. Bayern will bis spätestens März Vorschläge vorlegen, wie die
Kapazität hochgefahren werden
kann. 2021 wurden laut
Bundesverband Windenergie knapp 500 Windräder mit einer Leistung
von weniger als zwei Gigawatt gebaut, etwa 35 Prozent mehr als
2020. Zum Vergleich: Habeck plant einen Neubau ab nächstem Jahr
von jährlich fünf Gigawatt, der sich bis 2027 auf zehn Gigawatt
verdoppeln soll.
„Dann können wir den Laden dichtmachen“
Habeck und Söder sprachen zunächst trotz unterschiedlicher
Auffassungen von konstruktiven Gesprächen. Söder lobte, dass
Habeck nicht gleich mit Gesetzen drohe, sondern die Diskussion
suche. Am Ende der Pressekonferenz bat Habeck jedoch um ein
Schlusswort, das er zu einem emotionalen Appell nutzte. Es gebe
angesichts des Widerstandes von Anwohnern einen Wettlauf zwischen
den Ländern nach unten bei der Windkraft: „Wer ist der größte
Verhinderer.“ Dies dürfe sich nicht fortsetzen: „Dann können wir
den Laden auch dichtmachen.“
Söder wollte das nicht stehen lassen
und sagte, wie der FC Bayern spiele die Landesregierung immer
offensiv. „Wir sind bereit, über Ausnahmen zu reden.“
Grundsätzlich sei denkbar, die 10-H-Regelung etwa im Staatswald
aufzuweichen. Auch beim Ersatz alter Anlagen durch modernere und
leistungsfähigere, dem sogenannten Repowering, könne man sich Ausnahmen
vorstellen, führte Söder aus. „Ob das dann reicht, müssen wir sehen.“ Darauf erwiderte Habeck, er wolle diese Offensive im
ländlichen Raum sehen, denn im Endeffekt schütze man so die
Heimat. Söder konterte mit einer herzlichen Einladung nach
Oberfranken. Dort sei der Widerstand gegen Windenergie besonders
groß.
In Bayern wurden im vergangenen Jahr nur etwa ein Dutzend
neue Windräder gebaut. Das entspricht etwa zwei Prozent des
gesamten Zubaus. Zum Vergleich: In Niedersachsen wurden über 100
Anlagen errichtet, was fast einem Viertel der neuen Leistung
bundesweit entspricht. Nach Expertenschätzung stehen nur etwa
0,1 Prozent der bayerischen Landesfläche für Windkraft zur Verfügung.
Söder gegen Zwei-Prozent-Ziel
Söder verwies darauf, dass – bis auf die Windenergie –
Bayern bei allen erneuerbaren Energien ganz vorne sei. Über die
Hälfte des Stromverbrauchs erzeuge Bayern aus diesen Quellen.
„Für uns ist Wind ein Baustein, aber nicht das einzige Thema.“
Nicht nur Bayern tue sich hier schwer, auch Baden-Württemberg,
was an der Topografie liegen könne, sagte er mit Blick auf den
schwächeren Wind im Süden.
„Wir glauben, dass mehr geht, aber Wind ist nicht die Hauptmöglichkeit
in Bayern“, sagte Söder. Schon jetzt würden 53 Prozent des Stroms in
Bayern über erneuerbare Energien gewonnen. Eine Absage erteilte er der
Forderung, zwei Prozent der Landesfläche für Windenergie zur Verfügung
zu stellen. „Das wären 200.000 Fußballfelder.“ In Bayern wird im nächsten
Jahr gewählt. In einer Umfrage liegt die CSU nur noch bei 36
Prozent und könnte selbst mit dem bisherigen Koalitionspartner
Freie Wähler keine Regierung bilden.
Problematisch ist für Bayern zudem, dass Ende des Jahres die
letzten Atomkraftwerke abgeschaltet werden. Das Bundesland mit
starker Industrie ist schon jetzt Stromimporteur. Immer mehr
Firmen wollen ausschließlich mit Ökostrom beliefert werden, was
auch wegen des stockenden Leitungsausbaus aus dem Norden
schwierig ist.
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