Die britische Premierministerin Theresa May hat zugesichert, dass Großbritannien nach dem EU-Austritt keinen der rund drei Millionen im Land ansässigen EU-Bürger ausweisen wird. Dies sagte May am Donnerstag beim EU-Gipfel in Brüssel. Es war das erste Mal, dass die britische Regierungschefin konkrete Angaben zu diesem Thema machte.

Demnach sollen EU-Bürger, die bis zu einem bestimmten Stichtag fünf Jahre in Großbritannien gelebt haben, nach dem Brexit einen neuen Status erhalten: „Ansässige EU-Bürger“. Dieser würde ihre Ansprüche in der Renten- und Sozialversicherung sichern. Der Stichtag ist noch nicht genau definiert: Er soll zwischen dem Datum des Austrittsantrags – dem 29. März 2017 – und dem Datum des Vollzugs des Brexit – dem 29. März 2019 – liegen. In jedem Fall gelte für die EU-Bürger bis zum Austritt das EU-Recht.

Wer bis zum Stichtag weniger als fünf Jahre in Großbritannien gelebt habe, soll die Gelegenheit bekommen, die fünf Jahre voll zu machen, und ebenfalls einen geregelten Status bekommen. Die Premierministerin machte auch deutlich, dass die Vereinbarungen auf Gegenseitigkeit basieren sollten, also auch für die eine Million Briten gelten, die im Rest der EU wohnen.

May unterbreitete ihren Vorschlag den anderen 27 EU-Staats- und Regierungschefs beim gemeinsamen Abendessen. Er sollte eine Geste des guten Willens sein und unterstreichen, dass der britischen Regierung an einer Einigung in den Brexit-Verhandlungen gelegen ist. Nach dem Essen musste May allerdings den Raum verlassen. Die übrigen 27 tagten ohne sie weiter, um über andere Fragen zu beraten.

Das sei ein „guter Anfang“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel(CDU) am Ende des ersten Tages des Gipfels. Es gebe aber bei den Verhandlungen zum Austritt des Landes aus der EU noch viele offene Punkte. So seien auch Fragen der Finanzen zu bearbeiten, auch das Verhältnis Großbritanniens zur Republik Irland müssen geklärt werden. „Wir haben hier noch viel zu tun bis Oktober“, sagte sie.

Merkel hatte bei der Ankunft in Brüssel gesagt, dass der Brexit nicht das Hauptthema des Gipfels sei. Die Zukunft der EU27 habe klaren Vorrang vor den Brexit-Verhandlungen. Zwar wolle die EU die Brexit-Gespräche „in gutem Geist“ führen – „aber der klare Fokus muss auf der Zukunft der 27 liegen.“ Als Zeichen der neuen Gemeinsamkeit brachte die EU die Kooperation bei der gemeinsamen Verteidigung voran.

Macrons erster Gipfel

Erstmals nahm der neue französische Präsident Emmanuel Macron an einem EU-Gipfel teil, der nach seinen Wahlerfolgen Hoffnungen auf eine Wiederbelebung der deutsch-französischen Zusammenarbeit in Europa weckt. „Nun werden wir konkret“, sagte er zum Auftakt der Verhandlungen. Frankreich und Deutschland arbeiteten in Europa „Hand in Hand“ zusammen.

Die Staats- und Regierungschefs unterstützten die baldige Gründung eines milliardenschweren gemeinsamen Fonds für gemeinsame Militärprojekte – etwa die Entwicklung einer europäischen Drohne oder neuer Kampfflugzeuge. Zudem forderten sie, dass möglichst bald bereits auch kleinere Gruppen von EU-Staaten gemeinsame Verteidigungsvorhaben vorantreiben kann.

Nach dem Brexit-Votum hatten die EU-Staaten auf Initiative Deutschlands und Frankreichs einen neuen Anlauf bei der Vertiefung ihrer Zusammenarbeit in der Verteidigungspolitik genommen. Großbritannien, das traditionell auf die Nato setzt, hatte dies immer blockiert.

Merkel sprach von „bemerkenswerten Fortschritten“ in kurzer Zeit, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker verwies auf den Mehrwert einer Verteidigungszusammenarbeit.

Internet-Anbieter sollen Terrorpropaganda schneller löschen

Ferner beschloss der EU-Gipfel, angesichts der jüngsten Anschläge in Europa die Internet-Anbieter stärker in die Pflicht zu nehmen, um eine schnellere Löschung von Propaganda der Terrorgruppe IS zu erreichen. Die Anbieter müssten „neue Technologien und Instrumente entwickeln, um Inhalte, die zum Terrorismus aufrufen, automatisch aufzuspüren und zu entfernen“, hieß es in der gemeinsamen Erklärung.

Die Gipfelteilnehmer wollten sich am Abend ohne Großbritannien indirekt mit dem Brexit befassen. Gesucht werden neue Standorte für die bisher in London ansässigen EU-Agenturen EMA (Arzneimittel) und EBA (Bankenaufsicht). Fast alle der 27 Länder wollen sich darum bewerben. Auf dem Gipfel geht es zunächst nur um ein Auswahlverfahren.

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