Grundwasserverunreinigung

Luxemburg/Berlin (dpa) – Wegen zu hoher Nitratwerte in Gewässern muss sich Deutschland einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) stellen. Als Hauptursache für die Belastung gelten zu lasche Düngeregeln in der Landwirtschaft.

Die EU-Kommission hat nun ihre lange angekündigte Klage eingereicht, wie ein EuGH-Sprecher in Luxemburg sagte. Zuvor hatte der WDR berichtet. Kritiker sehen die Klage als Quittung für die Untätigkeit der Bundesregierung.

Nitrat ist für das Pflanzenwachstum von entscheidender Bedeutung. Allerdings können überhöhte Nitratwerte etwa das Algenwachstum begünstigen und dadurch anderes Leben ersticken. Die hohen Werte in einigen Regionen seien «sehr gut bekannt», sagte ein Sprecher des Umweltministeriums in Berlin. Die maßgebliche Ursache sei vor allem der Einsatz von Gülle und Dünger.

Die Bundesregierung arbeitet schon länger an einer Reform der Düngeverordnung, die das Problem angehen soll. «Es muss in unser aller Interesse sein, zeitnah und gemeinsam eine praxistaugliche Düngeverordnung zu verabschieden, statt sich von Brüssel verurteilen zu lassen», sagte Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU). Gerade kleinere Betriebe dürften aber nicht über die Maßen belastet werden.

Die Klage wurde formell vergangene Woche zugestellt. Derzeit werde sie noch geprüft, sagte eine Ministeriumssprecherin. Ob die Klage Einfluss auf die neuen Regeln haben werde, sei daher noch nicht klar. Für eine Antwort habe die Regierung zwei Monate Zeit.

Im Dezember soll dem Bundesrat ein fortgeschriebener Entwurf vorgelegt werden. Der Deutsche Bauernverband forderte eine schnelle Einigung. Die Klage basiere auf der alten Verordnung – die geplanten weitreichenden Einschnitte in der Düngung seien nicht berücksichtigt. Die Regeln dürften daher nun nicht noch strenger werden.

Nach Einschätzung der EU-Kommission hat es die Bundesrepublik seit Jahren versäumt, strengere Maßnahmen zu ergreifen. Die zuletzt 2012 übermittelten Zahlen sowie mehrere Berichte deutscher Behörden aus jüngster Zeit zeigten eine wachsende Nitratverunreinigung des Grundwassers und der Oberflächengewässer, einschließlich der Ostsee.

Dem Umweltministerium zufolge lag der Anteil der Messstellen, an denen der Nitratgehalt den Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter (mg/l) überschritt, im vergangenen Jahr bei 18,1 Prozent. Inzwischen sind demnach fast ein Drittel aller Flächen in Deutschland betroffen. In Nordrhein-Westfalen (40 Prozent), Schleswig-Holstein (50 Prozent) und Niedersachsen (60 Prozent) ist der Anteil noch deutlich höher.

«Die Klage der EU kommt einer Ohrfeige für den Bundesminister gleich», sagte der niedersächsische Agrarminister Christian Meyer (Grüne). Die Vorsitzende des Umweltausschusses des Bundestags, Bärbel Höhn (Grüne), nannte es «beschämend», dass der EuGH eingeschaltet werden müsse.

Die Umweltverbände WWF, Germanwatch und BUND bemängeln Massentierhaltung und Intensiv-Landwirtschaft als Ursache. Sie bezweifeln auch, dass die geplante Neuregelung das Problem in den Griff bekommen könne. Die Wasserversorger fürchten um die Qualität des Trinkwassers. Strengere Regeln seien dringend notwendig, forderten der Verband kommunaler Unternehmen und der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft.

Im Fall einer Verurteilung ist eine Geldstrafe in sechsstelliger Höhe pro Tag möglich, bis zu einem Urteil dürfte aber noch einige Zeit vergehen.

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