Offenbar ist Italien nun doch daran gelegen, Milliardenstrafen für einen nicht EU-konformen Haushaltsentwurf zu vermeiden, und den Streit um das italienische Staatsdefizit mit der EU zu entschärfen.
Regierungschef Giuseppe Conte hofft trotz des Verstoßes gegen Euro-Schuldenregeln, ein offizielles Strafverfahren gegen sein Land abzuwenden. Er sei zuversichtlich, dass der Dialog dazu führen könnte, sagte Conte nach einem Treffen mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker am Wochenende. Allerdings blieb unklar, welche Zugeständnisse Italien machen könnte. Juncker selbst betonte, der Dialog solle nicht abreißen.
Italien hat einen Schuldenberg von rund 2,3 Billionen Euro – mehr als 130 Prozent der Wirtschaftsleistung. Zulässig sind nach den sogenannten Maastricht-Kriterien höchstens 60 Prozent. Rom müsste die Verschuldung deshalb eigentlich abbauen.
Die Regierung aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechtsnationaler Lega plant für 2019 mit einem Defizit von 2,4 Prozent eine deutlich höhere Neuverschuldung als die Vorgängerregierung. Damit will sie unter anderem eine Grundsicherung, Steuererleichterungen und ein niedrigeres Renteneintrittsalter finanzieren.
Conte sagte, er habe selbstverständlich keine Abkehr der Hauptreformen des Regierungsprogramms angeboten. Er sei jedoch immer ehrgeizig, wenn er verhandele. Italiens Vizepremier Matteo Salvini, sagte, er billige Contes Taktik. Italien mache keinen Rückzieher.
Salvini: „Wir wollen mit niemandem streiten“
Der stellvertretende italienische Ministerpräsident von der Lega ließ durchblicken, dass sein Land die Defizitpläne für das kommende Jahr ändern könnte. Es gehe nicht um die Zahl hinterm Komma. „Es geht darum, seriös und konkret zu sein“, sagte Salvini der Nachrichtenagentur Adnkronos. Man sollte nicht auf 2,4 Prozent fixiert sein. Wenn das Budget dem Wachstum des Landes nütze, könne das Defizit auch 2,2 oder 2,6 Prozent betragen. „Wir wollen mit niemandem streiten, wir bitten nur darum, das tun zu können, was die Italiener von uns verlangen.“
Vor dem Wochenende hatte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici die italienische Regierung in einem Interview harsch kritisiert, und den Akteuren mangelnden Ernst vorgeworfen. Auf die Aussage Salvinis, er warte auch auf einen Brief vom Weihnachtsmann, sagte Moscovici, der sei er nicht: „Ich habe mir nicht den roten Anzug oder den weißen Bart angezogen.“ Die Fragen des Defizits solle man „mit gegenseitigem Respekt, mit Ernst und Würde behandeln“ und „nicht mit Lässigkeit und einer schrillen Ironie“.
Kommissionschef Juncker bezeichnete die Zusammenkunft mit Conte als „lebhaftes Treffen“. Die Kommission und Rom sollten in permanentem Kontakt bleiben, um die Differenzen zu schmälern, sagte Juncker außerdem. Er habe „sehr deutlich gemacht, dass wir nicht im Krieg mit Italien sind“.
Die EU-Kommission hatte unlängst empfohlen, ein offizielles Defizitverfahren gegen Italien zu eröffnen. Die Brüsseler Behörde hatte vor wenigen Tagen den italienischen Haushalt 2019 wegen einer zu hohen Neuverschuldung endgültig zurückgewiesen.
Aus Sicht der Kommission verstößt er gegen die verbindlichen Regeln der Eurozone und gegen Auflagen der europäischen Finanzminister. Derzeit wird dies im Kreis der EU-Staaten analysiert. Die EU-Kommission könnte das Verfahren – falls es keinen gravierenden Widerspruch gibt – in den kommenden Wochen einleiten. An dessen Ende könnten Strafen in Höhe von bis zu 3,4 Milliarden Euro stehen.
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