Mitten in einer diplomatischen Krise mit Frankreich will Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte eine Rede zur Zukunft Europas halten.

Der Chef der populistischen Regierung aus rechter Lega und europakritischer Fünf-Sterne-Bewegung wird am Nachmittag im EU-Parlament in Straßburg mit den Abgeordneten debattieren.

Mit Spannung wird erwartet, welchen europapolitischen Kurs der parteilose Conte für sein Land skizzieren wird. Innerhalb der EU wirkte Italien – Gründungsmitglied des Staatenbundes – zuletzt immer stärker isoliert.

Conte widersprach diesem Eindruck. Italien sei nicht isoliert, sagte der Regierungschef dem Brüsseler Politiknachrichten-Portal «Politico». Das Land habe es vielmehr «nicht aufgegeben, seine Meinung zu sagen, selbst wenn das, was es zu sagen hatte, unbequem war».

Conte wehrte sich auch gegen den Vorwurf, seine Regierung sei antieuropäisch. «Gegen das Establishment zu sein und für Wandel einzutreten heißt nicht, gegen die EU zu sein», sagte er. Stattdessen wolle Rom Europa durchschütteln, um es wiederzubeleben. In seiner Rede wolle er den Europaabgeordneten klarmachen, «dass wir wirklich eine neue Herangehensweise bei der Immigration und in der Wirtschafts- und Steuerpolitik der EU brauchen».

Angesichts von Angriffen aus Rom gegen Frankreichs Regierung hatte Paris am Donnerstag seinen Botschafter aus dem Nachbarland für Gespräche zurückgerufen. Conte gilt im Vergleich zu den beiden lautstarken Vize-Premiers Matteo Salvini von der Lega und Luigi Di Maio von den Fünf Sternen als gemäßigt und als Vermittler.

Zum Eklat mit Frankreich war es gekommen, weil Di Maio in einer französischen Kleinstadt Vertreter der «Gelbwesten» getroffen hatte, ohne Paris darüber zu informieren. Vertreter der italienischen Regierung äußerten zudem wiederholt Unterstützung für die Protestbewegung, die seit Monaten – mitunter gewalttätig – gegen die Politik des französischen Präsidenten Emmanuel Macron demonstriert.

Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire sagte am Montag bei einem Eurogruppen-Treffen in Brüssel, Italien und Frankreich seien sehr verbunden, unter anderem durch Geschichte und Kultur. Dies sei ein zusätzlicher Grund, um Äußerungen, die zwischen befreundeten Ländern inakzeptabel seien, nicht hinzunehmen. Conte sagte «Politico», er hoffe, dass sich die Beziehungen zu Frankreich so schnell wie möglich normalisierten.

Kritik äußerte Conte am jüngst unterzeichneten deutsch-französischen Freundschaftspakt, dem Aachener Vertrag. Damit würden ohnehin schon privilegierte bilaterale Beziehungen vertieft. Das berge das Risiko, Entscheidungsprozesse in der EU zu verändern. «Wir können nicht erlauben, dass eine Europäische Union mit veränderbaren Geometrien geschaffen wird», sagte der Ministerpräsident.

Zu Misstönen mit anderen EU-Staaten war es in den vergangenen Monaten auch immer wieder beim Thema Migration gekommen. So ließ Italien wiederholt Schiffe mit geretteten Migranten an Bord nicht in seine Häfen einlaufen. Die Regierung pocht darauf, dass sich auch andere EU-Länder zur Aufnahme von Bootsflüchtlingen bereiterklären.

Wirtschaftlich ist das hoch verschuldete Land ein Sorgenkind innerhalb der EU. Zum Jahresende 2018 rutschte Italien als erste Volkswirtschaft der Eurozone in eine Rezession. Zuvor hatten Rom und die EU-Kommission erst nach zähen Verhandlungen ihren Streit über den italienischen Haushalt beilegen können.

Im EU-Parlament sprechen seit Anfang 2018 regelmäßig Staats- und Regierungschefs über ihre Vorstellungen vom Europa der Zukunft. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Macron traten in diesem Rahmen bereits in Straßburg auf.

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