Amerika steht weiter unter Schock. Der Angriff auf das Kapitol in Washington hat die Präsidentschaft von Donald Trump um ein trauriges Kapitel reicher gemacht. Die Outfits der Angreifer zeigen: Es geht vielen um weit mehr als „nur“ die Präsidentschaftswahl
Es war ein Angriff auf das Herz der US-amerikanischen Demokratie – aufgepeitscht von einem, der das Wesen einer Demokratie, den Willen des Volkes, nicht akzeptieren will. Der Sturm hunderter krimineller Donald-Trump-Anhänger auf das Kapitol in Washington D.C. ist der vorerst letzte Höhepunkt einer sich immer weiter drehenden Eskalationsspirale in den Vereinigten Staaten. Mit bitterem, sehr bitterem Beigeschmack: Neben den verstörenden Bildern, die um die Welt gingen, und ihrer Symbolkraft sind am Ende dieses nie dagewesenen Ereignisses vier Tote zu vermelden.
PAID Proud Boys_14.30Uhr
Eine glühende Anhängerin von Noch-Präsident Trump sei von der Polizei erschossen worden, teilten die Behörden mit. Drei weitere Menschen seien im Umfeld des Kapitols infolge von „medizinischen Notfällen“ gestorben. Insgesamt gab es laut Polizei 52 Festnahmen – vier wegen verbotenem Waffenbesitz und 47 wegen Verstoßes gegen die nächtliche Ausgangssperre, die in Washington um 18 Uhr in Kraft trat. Die Hälfte dieser Festnahmen seien auf dem Gelände des Kapitols erfolgt.
Wer waren die Leute, die in Washington jegliche Grenzen überschritten haben? Es waren wütende Anhänger des scheidenden US-Präsidenten – doch nicht nur das. Die Kleidung und die mitgeführten Gegenstände vieler lassen nur einen Schluss zu: es waren auch Faschisten und Rassisten, Nazis.
Eine Auswahl:
Mit einer Lüge zur Begründung
„Stolen“, „Stolen“, „Stolen“, Stolen“, „Stolen“ – der angebliche Klau der US-Präsidentenwahl war das verbindende Motiv der Demonstranten in Washington, der friedlichen und der kriminellen. Diese Frau zeigt es mit Flyern an ihrem Kleid, andere beten in Sprechchöre nach, was Donald Trump ihnen zuvor ins Ohr gesetzt hat: Der Sieg von Demokrat Joe Biden sei nur auf massiven Wahlbetrug zurückzuführen. Beweise dafür gibt es bis heute keine.
Mit „Camp Auschwitz“-Hoodie ins Kapitol
Am Sturm auf das Kongressgebäude beteiligt war unter anderem ein Mann in einem schwarzen Kapuzenpullover, dessen Aufschrift man zweimal ansehen muss, so unglaublich ist sie: Auf dem Hoodie prangt „Camp Auschwitz – work makes freedom“. „Lager Auschwitz – Arbeit macht frei“.
Der Träger bringt damit seine Verherrlichung des Vernichtungslagers Auschwitz glühend zum Ausdruck. Für einen Ort, der dunkler nicht sei kann. Die Deutschen ermordeten dort weit mehr als eine Million Menschen, ein Großteil der Opfer waren Juden.
Der Totenkopf auf dem Pullover kann in diesem Zusammenhang nur als Verweis auf das optisch ähnliche Symbol der SS-Totenkopfverbände gedeutet werden. Sie waren in der Zeit des Nationalsozialismus unter anderem für die Bewachung der Konzentrationslager zuständig – und damit für schwerste Verbrechen.
Wer sich entschließt, einen solche Hoodie anzuziehen und damit in das Kapitol zu stürmen, darf mit Fug und Recht als eines gelten: als Nazi.
Mit dem Wotansknoten das Land „zurücknehmen“
Ein Mann fiel auf den Aufnahmen aus Washington vor allem ins Auge. Pelzmütze, Hörner und Gesichtsbemalung erinnern zunächst eher an ein Faschingsausflug – ein Blick auf die Tätowierungen verrät aber mehr über den Träger.
Unter anderem zeigen sie den Wotansknoten und den Hammer des Thor, zwei germanische Symbole, die in rechten Kreisen populär sind. Die ursprüngliche Bedeutung des Wotansknotens ist nicht bekannt. Unter extrem Rechten gelte es als „nordisches“ und „arteigenes“ Symbol, wie unter anderem das Rechercheportal „Belltower“ aufzeigt. Ähnliches gilt für den Hammer des Donnergottes Thor. Er diene in rechtsextremen Kreisen als Symbol für „kämpferisch“ oder „völkische Verbundenheit“, werde allerdings auch in anderen Kontexten, zum Beispiel in der Heavy-Metal-Szene, verwendet.
Dass es dem Träger aber weniger um Musik als vielmehr um die Zurschaustellung der vermeintlichen Überlegenheit weißer Menschen gehen dürfte, zeigt ein Bericht des Portals „Arizona Central“. In diesem wird der Mann aus dem Kapitol als Anhänger der rechtsextremen QAnon-Verschwörungsideologie porträtiert, der sich sein Land „zurücknehmen“ wolle.
Mit der Flagge der Ungleichheit durchs Symbol der Demokratie
Die Flagge der Konföderierten Staaten von Amerika geschultert, auch bekannt als „Südstaatenflagge“, ging es für diesen Trump-Anhänger durch die Flure des Kongressgebäudes – eine Provokation.
Die Flagge wird inzwischen als Symbol für den Rassismus in den sogenannten Sklavenhalterstaaten gesehen, die auch nach 1861 noch an der Idee der „weißen Vorherrschaft“ festhielten – und ist damit das krasse Gegenteil des „Star Spangled Banner“, der heutigen US_Flagge, die für Werte wie Freiheit, Gleichheit und Demokratie stehen soll. Die „Südstaatenflagge“ ist ein Symbol von Rassisten.
Das Gemälde rechts über dem Träger zeigt übrigens Politiker Charles Sumner (1811 – 1874), der für die Rechte von Schwarzen eintrat.
Mit „Anti-Antifa“-Pullover an der Seite des Präsidenten
„Anti-Antifa“ prangt auf dem Pullover dieses Trump-Anhängers im Umfeld des Kapitols in Washington, der die Sicherheitssperren durchbrochen hat. Gegen den Anti-Faschismus ist der Demonstrant demnach. Auf welcher Seite er steht, ist damit klar. Er hat es dennoch einem Reporter der Nachrichtenagentur AFP erzählt und sich selbst als Anhänger der sogenannten Proud Boys, einer Art rechtsextremen und faschistischen Bürgerwehr, bezeichnet.
Die Ablehnung antifaschistischer Gruppen ist im Zusammenhang mit der Unterstützung Donald Trumps bemerkenswert. Der Präsident selbst rechnet seine Gegner oftmals pauschal einer vermeintlich gewalttätigen Antifa zu, zum Beispiel die „Black Lives Matter“-Bewegung, die sich gegen die Diskriminierung von schwarzen Menschen einsetzt.
Quellen: Belltower (1), Belltower (2), „Arizona Central“, Nachrichtenagentur AFP
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