Von Annette Reuther und Christoph Sator, dpa

Asienreise

Rangun (dpa) – Als erstes Oberhaupt der katholischen Kirche hat Papst Franziskus einen Besuch in Myanmar begonnen. Überschattet wird der Aufenthalt in dem südostasiatischen Land von der Krise um die muslimische Minderheit der Rohingya, die seit dem Sommer weltweit Schlagzeilen macht.

Aus Furcht vor Verfolgung sind mehr als 600.000 Muslime aus dem ehemaligen Birma ins Nachbarland Bangladesch geflohen. Dorthin will Franziskus am Donnerstag weiterreisen.

Christen gibt es in Myanmar, wo von 54 Millionen Einwohnern die große Mehrheit buddhistischen Glaubens ist, nur wenige. Die große Frage ist, wie Franziskus den Rohingya-Konflikt ansprechen wird – und ob er die Vertreibung offen kritisieren wird.

Bei seiner Ankunft in Rangun, der ehemaligen Hauptstadt, wurde der Pontifex überaus freundlich begrüßt. Etwa 30.000 Menschen säumten nach offiziellen Angaben die Straßen vom Flughafen bis zu seiner Unterkunft. Kinder in traditionellen Kostümen riefen «Viva Papa» («Es lebe der Papst»). Viele Menschen trugen T-Shirts mit dem Aufdruck «Love and Peace». Große Papst-Plakate hingen an Straßenlaternen. «Es ist ein Traum, aber dieses Mal ist der Traum wahrgeworden», sagte Mariano Soe Naing von der Bischofskonferenz des Landes.

Franziskus ist der erste Papst überhaupt, der in Myanmar zu Besuch ist. Nach dem Ende der britischen Kolonialherrschaft wurde das Land ein halbes Jahrhundert lang vom Militär regiert. Erst zu Beginn dieses Jahrzehnts öffnete es sich. Bei demokratischen Wahlen gewann die Opposition von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, die der Papst am Dienstag treffen soll.

Suu Kyi steht wegen der Krise um die Rohingya-Minderheit international stark in der Kritik, weil sie der brutalen Gewalt gegen die Menschen keinen Einhalt böte. Die Vereinten Nationen sprechen von «ethnischer Säuberung». Die moralische Autorität der «Lady» hat in den vergangenen Monaten sehr gelitten – bis hin zu Forderungen, ihr den Nobelpreis wieder abzuerkennen.

Deshalb wird das Gespräch zwischen ihr und Franziskus mit Spannung erwartet. Die beiden hatten sich im Mai bereits im Vatikan getroffen. Seitdem hat der Kirchenstaat auch überhaupt erst diplomatische Beziehungen zu Myanmar. Allerdings hat dort auch das Militär noch viel zu sagen. Deshalb war am Montag auch ein für privat erklärtes Treffen mit dem Militärchef des Landes angesetzt, General Min Aung Hlaing.

Die große Frage ist, ob Franziskus in Myanmar das Wort «Rohingya» überhaupt in den Mund nehmen wird. Die dortige katholische Kirche hatte ihn darum gebeten, darauf zu verzichten, um keine neuen Spannungen zu schüren. Myanmar betrachtet die Rohingya als illegale Einwanderer und bezeichnet sie als «Bengalen». Damit wird suggeriert, dass sie aus Bangladesch stammen, einem mehrheitlich muslimischen Land.

Der Papst selbst hielt sich erstmal bedeckt. Auf dem Flug nach Rangun sagte er lediglich, er wünsche sich, dass es ein «fruchtbarer» Besuch werde. Allerdings hat Franziskus – der sich stets für Flüchtlinge und die Wahrung der Menschenrechte einsetzt – den Begriff früher schon verwendet. Möglich wäre, dass er in Myanmar nicht von «Rohingya» spricht, sondern erst in Bangladesch. Wie in Myanmar gibt es auch dort nur eine kleine katholische Minderheit.

Vergangene Woche hatten beide Länder vereinbart, dass die muslimischen Flüchtlinge aus Bangladesch nach Myanmar zurückkehren sollen. Ob das aber tatsächlich passiert, ist sehr ungewiss. Viele Rohingya fürchten, dass sie dann erneut Opfer von Gewalt werden.

In Bangladesch soll für Franziskus vor allem das Thema Armut im Mittelpunkt stehen, da das Land zu den ärmsten der Welt gehört. Allerdings wunderten sich viele, dass der Papst kein Rohingya-Flüchtlingslager oder eine Textilfabrik besucht – schließlich hat sich der Argentinier stets gegen Ausbeutung der Menschen stark gemacht.

Myanmar ist vom Buddhismus geprägt. Ihm hat das lange von der Außenwelt isolierte Land seine größten kulturellen Reichtümer zu verdanken. Geschätzt rund 90 Prozent der Bevölkerung Myanmars sind gläubige Buddhisten. Geht es um Positionen in Verwaltung und Militär, werden buddhistische Bewerber bevorzugt. Im einfachen Volk tief verwurzelt sind zudem Geisterglaube und Sterndeuterei. Dem Christentum gehören nur rund 5 Prozent der Bürger an. Muslime sind zu etwa 4 Prozent vertreten, die meisten von ihnen zählen zur verfolgten ethnischen Minderheit der Rohingya. Die britischen Kolonialherren brachten sie einst aus dem heutigen Bangladesch ins Land.

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