Flüchtlingskrise, Atomstreit mit Nordkorea, Rechtspopulisten in vielen Parlamenten – es sind unruhige Zeiten, in denen der diesjährige Friedensnobelpreis verliehen wird. Mehr als 300 Nominierungen sind beim Osloer Nobelpreiskomitee eingegangen. Das schweigt wie immer zu der Kandidatenliste. Diejenigen, die nominieren durften – Juristen, Wissenschaftler, vormalige Preisträger – dürfen aber den Namen der Person oder Organisation preisgeben, die sie vorgeschlagen haben.
So steht ausgerechnet der Mann, der im Atomstreit mit Pjöngjang mit militärischer Eskalation droht und eine Mauer zu Mexiko errichten will, auf der Liste der Friedensnobelpreis-Anwärter: US-Präsident Donald Trump. Er solle für seine Ideologie „Frieden durch Stärke“ geehrt werden, gab sein Unterstützer, selbst US-Amerikaner, zur Begründung an. Vergangenes Jahr soll Trump – damals noch Präsidentschaftsanwärter – auch schon auf der Liste gestanden haben.
Ein Zeichen gegen die nukleare Aufrüstung könnte das Komitee mit der Auszeichnung der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini und dem iranischen Außenminister Mohammed Jawad Zarif setzen. Die beiden haben nach Einschätzung des Osloer Friedensforschungsinstituts Prio die größte Chance, an diesem Freitag die Ehrung zugesprochen zu bekommen. Sie gelten als „Architekten“ des Iran-Deals. Zarif und Mogherini hatten 2015 die Verhandlungen zu dem historischen Abkommen organisiert, mit dem Teheran auf die Entwicklung von Kernwaffen verzichtet. Trump nennt das Abkommen den „schlechtesten Deal aller Zeiten“.
Wer sonst noch als Favorit für den Friedensnobelpreis 2017 gilt, sehen Sie hier:
Das sind die Favoriten
Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini gilt als eine der Favoritinnen für den diesjährigen Friedensnobelpreis. Sie steht zusammen mit dem iranischen Außenminister Mohammed Jawad Zarif auf der Nominiertenliste. Die beiden hatten die Verhandlungen zum Iran-Abkommen 2015 organisiert.
Ein weiterer Favorit ist das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR). Die Hilfsorganisation unterstützt derzeit unter anderem die Rohingya-Flüchtlinge in Bangladesch mit Hilfsgütern. Die Mitglieder der muslimischen Minderheit sind zu Hunderttausenden aus ihrer Heimat in Burma geflohen. Die Regierung, der systematische Unterdrückung vorgeworfen wird, steht unter der Führung der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi.
Ebenfalls auf der Liste der Nominierten steht der türkische Journalist Can Dündar. Dem ehemaligen Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung „Cumhuriyet“ wird unter anderem Terrorpropaganda und Geheimnisverrat vorgeworfen. Er lebt derzeit in Deutschland im Exil.
Die Friedensforscher der Organisation Prio räumen auch der American Civil Liberties Union (ACLU) gute Chancen auf den Friedensnobelpreis ein. Die Organisation setzt sich schon seit fast 100 Jahren für Bürgerrechte und Meinungsfreiheit in den USA ein. Zuletzt bekam sie wieder mehr Aufmerksamkeit, weil sie offen Kritik an der Politik von US-Präsident Trump übte und etwa auf Herausgabe von Dokumenten klagte.
Ein Gegner Trumps ist auch der US-Demokrat Bernie Sanders. Zwar wurde Hillary Clinton von seiner Partei als Kandidatin für den Präsidentschaftswahlkampf 2016 nominiert, Sanders geht aber auch noch nach der verlorenen Wahl öffentlich mit dem Republikaner ins Gericht. So warf er Trump vor, „die Grundfeste der amerikanischen Demokratie zu unterwandern“.
Zumindest einen Anhänger hatte Donald Trump unter denen, die für den Friedensnobelpreis nominieren durften. So landete auch er auf der Liste. Zur Begründung wurde Trumps Ideologie „Frieden durch Stärke“ herangezogen. Bei den Buchmachern rangiert er allerdings eher im unteren Mittelfeld.
Neben den relativ neuen Nobelpreis-Anwärtern sind auch wieder Altbekannte auf der Liste vertreten. Etwa Papst Franziskus. Er wurde von einem Mitglied des norwegischen Parlaments nominiert, weil „er einer der wenigen ist, der sich US-Präsident Donald Trump entgegenstellt“.
Ebenfalls schon häufiger als Favorit gehandelt wurde Edward Snowden. Der NSA-Whistleblower wird allerdings auch nicht mehr unter den Favoriten gehandelt. Es heißt, die Jury zeichne statt bekannten Persönlichkeiten lieber bis dato weniger prominent gehandelte Personen oder Organisationen aus – wie etwa das Dialog-Quartett aus Tunesien, das 2015 den Preis erhielt.
Dieser Logik zufolge wird es auch 2017 wieder nichts für Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie könnte für ihr Engagement in der Flüchtlingskrise 2015 ausgezeichnet werden – heißt es schon seit zwei Jahren.
Die Hilfsorganisation Weißhelme setzt sich für syrische Zivilisten ein und wurde bereits mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. Im vergangenen Jahr galt sie als Top-Favorit für den Friedensnobelpreis.
Genauso wie der saudische Blogger Raif Badawi. Er gründete 2008 das Internetforum „Freie Saudische Liberale“, das schon bald ins Visier der Behörden geriet. 2014 wurde er zu zehn Jahren Haft und 1000 Peitschenhieben verurteilt. Er soll islamische Autoritäten beleidigt haben.
Das Osloer Komitee wird am 6. Oktober bekannt geben, für wen es sich entschieden hat.
Read more on Source