Der künftige US-Präsident Donald Trump hat mit einem Telefonat mit einer diplomatischen Tradition gebrochen und für Verstimmung in China gesorgt. Der Republikaner telefonierte am Wochenende mit Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen – als erster neugewählter US-Präsident seit 1979.

China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz und nicht als souveränen Staat. Die verärgerte Reaktion aus Peking kam prompt. Das Weiße Haus distanzierte sich. Trump wich Fragen zu dem Thema aus. Sein künftiger Vizepräsident Mike Pence erklärte am Sonntag, das Telefonat sei nicht mehr als eine Höflichkeitsgeste gewesen. Trump habe die Glückwünsche der demokratisch gewählten Präsidentin Taiwans entgegen genommen, sagte Pence dem Sender ABC. Auf die Frage, ob das Gespräch Auswirkungen auf die Ein-China-Politik der USA habe, sagte er: «Wir befassen uns nach dem 20. Januar mit der Politik.»

Die USA hatten Ende der 70er Jahre die diplomatischen Beziehungen zu Taiwan abgebrochen und Beziehungen zur Volksrepublik China aufgenommen. Damals verpflichteten sich die USA aber, die Verteidigungsfähigkeit Taiwans zu sichern und zu verhindern, dass seine Zukunft anders als mit friedlichen Mitteln bestimmt wird. Heute pflegen beide Seiten stabile, aber inoffizielle Beziehungen – vor allem auf wirtschaftlicher und militärischer Ebene.

Peking appellierte an Washington, sich an die Verpflichtung zur Ein-China-Politik zu halten. «Die Regierung der Volksrepublik China ist die einzige rechtmäßige Regierung, um China zu vertreten. Das ist eine von der internationalen Gemeinschaft weithin anerkannte Tatsache», betonte Außenministeriums-Sprecher Geng Shuang. Das Ein-China-Prinzip sei die politische Grundlage der amerikanisch-chinesischen Beziehungen. Die USA müssten die Taiwan-Frage sorgfältig behandeln, um unnötige Störungen der beiderseitigen Beziehungen zu vermeiden.

Der Nationale Sicherheitsrat der US-Regierung erklärte umgehend, dass sich an der Linie des Weißen Hauses nichts geändert habe. Man bleibe der «Ein-China»-Politik verpflichtet, erklärte der Sprecher Ned Price.

Taiwans Präsidentin Tsai ließ mitteilen, sie habe bei Trump dafür geworben, dass er ihrem Land mehr Einflussmöglichkeiten sichere.

Trump erklärte sich am Wochenende nicht weiter zu dem Thema. Als Reporter ihn am Samstagabend darauf ansprachen, antwortete er nicht. Auf Twitter hatte er in der Nacht zum Samstag geschrieben, dass die Präsidentin Taiwans ihn angerufen habe, um ihm zum Wahlsieg zu gratulieren. Kurz darauf fügte er hinzu: «Interessant, wie die USA Taiwan Militärausrüstung im Milliardenwert verkaufen, ich aber keinen Glückwunschanruf annehmen soll.»

Seine Beraterin Kellyanne Conway sagte dem Sender CNN, er sei sich der Implikationen des Gesprächs vollauf bewusst gewesen.

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier erinnerte Trump unterdessen allgemein an die Wichtigkeit der Beziehungen der USA zu China. «Der angekündigte Ausstieg der USA aus dem Transpazifischen Freihandelsabkommen TPP macht einen außenpolitischen Fokus der Amerikaner auf China noch dringlicher», sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag).

Trump hatte im Wahlkampf nicht mit herben Worten an die Adresse Chinas gespart. Er warf Peking vor, Arbeitsplätze in den USA vernichtet zu haben, und drohte hohe Strafzölle auf Produkte «Made in China» an. Mitarbeiter seines Teams plädierten für Waffenlieferungen an Taiwan, um Chinas militärischem Machtzuwachs zu begegnen.

Seit Ende des Bürgerkrieges in China 1949 ist Taiwan ein Konfliktherd in Asien. Damals flüchteten die Truppen der chinesischen Kuomintang auf die Insel, die heute offiziell «Republik China» heißt und sich als eigenständig funktionierende Demokratie sieht. Peking unterstreicht seine Androhung einer Rückeroberung bis heute mit Raketen, die auf Taiwan zielen, wo 23 Millionen Menschen leben.

Gleichwohl ist China Taiwans größter Handelspartner. Umgekehrt ist die Insel einer der größten Investoren in der Volksrepublik.

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