Das Landgericht Osnabrück hat den Durchsuchungsbefehl für eine Razzia im Bundesjustizministerium aufgehoben. Das teilte das Gericht mit. Die Durchsuchung am 9. September 2021 hatte kurz vor der Bundestagswahl für Aufsehen gesorgt. Hintergrund der Ermittlungen waren der Verdacht auf Strafvereitlung im Amt.
Laut Gericht waren wichtige Voraussetzungen für den Erlass nicht erfüllt gewesen. Es habe keine besondere Eilbedürftigkeit bestanden. Auch die Vernichtung von Beweismitteln konnten die Ermittlerinnen nicht befürchten, urteilten die Richter. Zudem sei nicht geklärt gewesen, dass das Ministerium die freiwillige
Herausgabe der fraglichen Beweismittel ablehnen würde. Es habe keine
schriftliche Anfrage gegeben.
Die Richterinnen stuften die Durchsuchung als unverhältnismäßig und unangemessen ein. Ein fragliches Schriftstück habe den Ermittlern bereits durch eine frühere Razzia vorgelegen. Darüber hinaus hätten „Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten“ im Justizministerium nicht bestanden. Die Auswirkungen der Razzia stünden in keinem angemessenen Verhältnis zu deren Auswirkungen – auch mit Blick auf das Ansehen der Bundesrepublik.
Die Durchsuchungen richteten sich hauptsächlich gegen das damals vom heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geführte Bundesfinanzministerium, dem der Zoll unterstellt ist. Auch das Justizministerium wurde durchsucht. Das Haus ist in interne Kommunikations- und Abklärungsprozesse der Zolleinheit eingebunden. Bei den Durchsuchungen ging es um die Sicherung von Beweismitteln – nicht um den Verdacht auf strafbare Handlungen in den Ministerien selbst. Die Ermittler wollten die Identitäten von Mitarbeiterinnen der sogenannten Financial Intelligence Unit (FIU) feststellen und deren Motivlage für bestimmte Verhaltensweisen rekonstruieren, teilte das Landgericht mit.
Ministerien äußerten Kritik
Seit 2017 ist die FIU eine Zollabteilung und die Zentralstelle zur Bekämpfung von Geldwäsche. Die Mitarbeitenden nehmen Verdachtsmeldungen entgegen, prüfen diese und leiten sie gegebenenfalls an Strafverfolgungsbehörden weiter. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück geht dem Verdacht nach, dass derartige Verdachtsmeldungen in mehreren Fällen weder an die Polizei noch an die Justiz weitergeleitet worden sein könnten.
Das Amtsgericht Osnabrück erließ die Beschlüsse auf Antrag der Staatsanwaltschaft zu den Durchsuchungen beim Bundesfinanz- und Bundesjustizministerium am 10. August sowie am 25. August – vollstreckt wurden sie am 9. September. Das Bundesfinanzministerium legte am 27. September Beschwerde ein.
Beide Ministerien kritisierten die Razzia umgehend als ungewöhnlich und unnötig. Schnell stand der Vorwurf im Raum, das Vorgehen der Staatsanwaltschaft könne mit politischen Motiven zusammenhängen.
Redaktionshinweis: In einer früheren Fassung dieser Meldung hieß es, der heutige Bundeskanzler Olaf Scholz habe damals das Bundesjustizministerium geleitet. Tatsächlich leitete er das Bundesfinanzministerium. Wir haben den Fehler korrigiert und bitten, ihn zu entschuldigen.
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