Die britische Premierministerin Theresa May hat eingeräumt, dass die Behörden nach dem Hochhausbrand in London versagt haben. Verantwortliche hätten viel zu spät auf die Katastrophe reagiert, Überlebende hätten kaum Hilfe und Informationen bekommen. Besonders die betroffenen Familien seien nicht ausreichend unterstützt worden. „Der Staat hat auf lokaler und nationaler Ebene versagt, als es darum ging, Menschen in höchster Not zu helfen“, sagte May vor dem britischen Unterhaus. „Als Premierministerin bitte ich für dieses Versagen um Entschuldigung.“
Die Regierung kündigte an, den Überlebenden 68 Wohnungen in einem Neubau im selben Stadtteil zur Verfügung zu stellen. Außerdem sollen sie mit einem Hilfspaket von umgerechnet 5,7 Millionen Euro unterstützt werden.
May war zuvor selbst stark kritisiert worden. Bei ihrem ersten Besuch am Grenfell Tower hatte sie nicht mit den Opfern gesprochen. Erst zwei Tage später traf sie sich mit Überlebenden. Vor allem aber stehen die Behörden und die zuständigen Bauunternehmen in der Kritik. Erst vor kurzem war eine brennbare Verkleidung an das Gebäude angebracht worden. Über diese konnte sich das Feuer schnell bis in die oberen Stockwerke ausbreiten. In einer strafrechtlichen Untersuchung wird nun geprüft, ob bei der Renovierung gegen Gesetze verstoßen worden ist.
„So weit ich das beurteilen kann, haben wir darauf korrekt reagiert.“
Mindestens 79 Menschen starben nach offiziellen Angaben bei dem Brand im Stadtteil Kensington vergangene Woche. Überlebende und Anwohner spekulieren, das es noch mehr Opfer gibt. Als der Brand in der Nacht ausbrach, hielten sich schätzungsweise 600 Menschen in dem Sozialbau auf, viele von ihnen schliefen bereits. Tausende Menschen gingen in London nach dem Brand auf die Straße, um ihre Wut auf die britischen Behörden auszudrücken. Sie geben ihnen eine Mitschuld an dem Unglück.
Der britische Schatzkanzler Philip Hammond hatte noch am Wochenende Kritik an der Regierung zurückgewiesen: „So weit ich das beurteilen kann, haben wir darauf korrekt reagiert.“ Die Opposition hatte der Regierung nach dem Brand vorgeworfen, Ratschläge nach einem Brand im Jahr 2013 ignoriert zu haben. Londons Bürgermeister hatte in einem Gastbeitrag für die Sonntagszeitung The Observer außerdem den Abriss alter Hochhäuser ins Gespräch gebracht. Sicherheitsgründe könnten diese Maßnahme erfordern, da in der Wiederaufbauphase nach dem Krieg viele Hochhäuser entstanden seien, die heutigen Standards nicht mehr entsprächen.
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