John Bercow lässt Abstimmung über Brexit-Einigung nicht zu – Seite 1
Die Entscheidung des britischen Unterhauses über den neuen Brexit-Deal von Premierminister Boris Johnson verzögert sich weiter. Parlamentspräsident John Bercow ließ eine Abstimmung im Unterhaus nicht zu und stellte sich damit gegen den ausdrücklichen Wunsch der Regierung.
Bercow berief sich dabei auf eine Regelung aus dem Jahr 1604, wonach die Regierung dem Parlament nicht immer wieder den gleichen Entwurf zur Abstimmung vorlegen kann. „Der heutige Antrag ist im Grunde derselbe wie am Samstag“, begründete der Parlamentspräsident seine Entscheidung. Eine neue Abstimmung zu erlauben, wäre „eine Wiederholung und ungeordnet“. Bercow schlussfolgerte: „Deshalb habe ich entschieden, dass dieser Antrag heute nicht debattiert wird.“
Damit verzögert sich die Entscheidung des britischen Unterhauses über den neuen Austrittsvertrag weiter. In der vergangenen Woche hat sich Johnson mit der EU auf ein neues Abkommen verständigt. Das Unterhaus sollte darüber bereits am vergangenen Samstag abstimmen, was die Abgeordneten jedoch nicht zuließen, sondern das Votum stattdessen verschoben – ohne ein neues Datum dafür anzusetzen. Damit wollten sie sicherstellen, dass zunächst das Ratifizierungsgesetz – mit allen möglichen Änderungsanträgen – durch das Parlament kommt und die Regierung so keine Chance mehr hat, einen ungeregelten Brexit am Parlament vorbei zu lancieren.
Die Folge: Der Premierminister musste die EU um eine Verlängerung der Brexit-Frist über den 31. Oktober hinaus bitten. Dies tat er – allerdings nur sehr widerwillig und ohne Unterschrift unter dem Antrag. Für die EU spielt das aber keine Rolle: Sie sieht den Antrag auch ohne Unterschrift als gültig an, wie eine EU-Kommissionssprecherin sagte.
Dieses Verhalten Johnsons beschäftigt auch ein Gericht in Schottland: Kritiker werfen ihm vor, den Willen des Parlaments zu torpedieren. Die Richter in Edinburgh teilten nun mit, sie wollten vor einer Entscheidung erst beobachten, wie sich die Regierung in London weiter verhalte und ob sie vollends im Einklang mit dem Gesetz handele. Im Zweifel könne es noch immer zu einer Rüge kommen.
Regierungskreise sprachen von der „Woche der Hölle“ im Parlament. Der Telegraph zitierte eine nicht näher genannte Regierungsquelle mit den Worten: „Alles steht auf Messers Schneide.“
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