Die mehr als 400 Tage im Amt als Verteidigungsministerin können für Christine Lambrecht kaum angenehm gewesen sein. Eher schon litt sie an dem Amt – so schien es oft – und auch das Land litt vielfach an ihr. Mit einer dürftigen Bilanz ist sie allerdings nicht allein.

War es Nostalgie, eine politische Spitze oder gar eine Ankündigung? Mit dem rheinischen Gefühlsschlager „Niemals geht man so ganz“ hat sich die SPD-Politikerin Christine Lambrecht (SPD) in Berlin aus dem schon im Januar niedergelegten Amt als Verteidigungsministerin verabschieden lassen. Mit Fackeln marschierte das Wachbataillon des Verteidigungsministeriums und ein Stabsmusikkorps am Dienstag nach Sonnenuntergang auf dem Innenhof des Wehrressorts in Berlin zum Großen Zapfenstreich auf.

Der Große Zapfenstreich ist das höchste militärische Zeremoniell der deutschen Streitkräfte und folgt einer festgelegten Abfolge aus musikalischen Elemente und militärischer Zeremonie. Mit einem leichten Lächeln im Gesicht folgte Lambrecht dieser höchsten Ehrerbietung. Ernst schaute ihr Nachfolger im Amt und Gastgeber Boris Pistorius (SPD). Als militäraffiner SPD-Politiker ist er in Kriegszeiten gleich auf den ersten Platz in den Umfragewerten zur Beliebtheit des Bundeskabinetts vorgestürmt.

Beim Großen Zapfenstreich sind mehrere Politikerinnen und Politiker zugegen, auch Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (beide SPD, rechts) sind vor Ort
© Kay Nietfeld

Lambrechts 407 Tage als Verteidigungsministerin waren dagegen von öffentlicher Kritik und Kompetenzzweifeln überschattet. Der Helikopter-Flug mit dem Sohn, Pumps in Afrika, 5000 Schutzhelme für die Ukraine und ein als sehr verunglückt empfundenes Neujahrsvideo sind die Stichworte zu ihren politischen Pannen. Dabei hätte Lambrecht – ausgestattet mit einem 100-Milliarden-Sondertopf für die Modernisierung der Bundeswehr – durchaus militärpolitische Geschichte schreiben können.

Auf der Internetseite des Verteidigungsministeriums steht, die „erfolgreiche Bilanz der Bundeswehr geht auch auf die Leistungen der ehemaligen Verteidigungsminister zurück“. Die Details der Bewertungen sind aber etwas für Feinschmecker. So bleibe der SPD-Politiker Georg Leber – im Amt von 1972 bis 1978 – als „Soldatenvater“ in Erinnerung. „Den Spitznamen brachte ihm sein menschlicher Umgang mit den Angehörigen der Bundeswehr ein, bei denen er hohes Ansehen genoss“, schreibt das Haus.

Mit Fackeln nehmen Bundeswehrsoldaten des Wachbataillons Aufstellung für die Verabschiedung
Mit Fackeln nehmen Bundeswehrsoldaten des Wachbataillons Aufstellung für die Verabschiedung
© Kay Nietfeld

Erinnert wird, wie Gerhard Stoltenberg (CDU) zur Zeit der Wiedervereinigung im Amt war und am 3. Oktober 1990 die Befehls- und Kommandogewalt über die gesamtdeutschen Streitkräfte übernahm. Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) „ebnete den Weg für eine einschneidende Neuerung: die Aussetzung der Wehrpflicht am 1. Juli 2011“. Der Name Ursula von der Leyen (CDU) stehe für die „Trendwenden Personal, Material und Finanzen zur Modernisierung der Bundeswehr sowie für die „Agenda Attraktivität““.

Deutlich kritischer fällt die Gesamtbewertung des früheren Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels (SPD) aus. In der Ära von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe Deutschland ungeachtet der russischen Annexion der Krim im Jahr 2014 eine „Abrüstung im Blindflug“ fortgesetzt, sagte Bartels, nun Präsident der Gesellschaft für Sicherheitspolitik, in der vergangenen Woche bei einem Kongress in Berlin. „Ihre fünf Verteidigungsminister waren allesamt nicht für dieses Amt geboren“, sagte er. Und: „Jeder Verteidigungsminister seit Ende des Kalten Krieges kam gewissermaßen überraschend ins Amt, schien selbst überrascht davon, auch Merkels Minister. Aber immer war dieser Kabinettsposten besser als nichts.“

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