Streit um Protest-Camp

Hamburg (dpa) – Kaum hat die Gipfelwoche begonnen, stehen sich Polizei und linke Aktivisten in Hamburg unversöhnlich gegenüber. Der Polizeieinsatz bei einem Protest-Camp von Gipfelgegnern und der juristische Dauerstreit lassen die Emotionen hochhochen.

Die Hamburger Linken forderten den Rücktritt von Innensenator Andy Grote (SPD). Der «polizeistaatliche Ausnahmezustand» am Sonntag lasse für die kommenden Tage Schlimmes befürchten, erklärten die Landesvorsitzenden Sabine Boeddinghaus und Cansu Özdemir.

Bei dem Protest-Camp auf der Elbhalbinsel Entenwerder hatte es am Sonntagabend Tumulte gegeben, als die Polizei elf Zelte wegen eines von ihr verhängten Übernachtungsverbots entfernte. Die Beamten setzten Pfefferspray ein, ein Aktivist wurde festgenommen. Unter Bruch der geltenden Rechtslage habe die Polizei den Aufbau des gerichtlich genehmigten Camps behindert und zahlreiche Übergriffe begangen, kritisierte die Hamburger Linksfraktion.

Es habe aufseiten der Demonstranten eine verletzte Person gegeben, sagte eine Polizeisprecherin. Ein Sprecher des sogenannten G20-Ermittlungsausschusses, der in Kontakt mit Aktivisten ist, sprach von einer schwer verletzten Person und bis zu zehn Leichtverletzten.

Hamburgs Grünen-Chefin Anna Gallina übte ebenfalls Kritik an dem Einsatz. «Der Eindruck, dass die Polizei sowohl den Aufbau des Camps als auch das Beschreiten des Rechtswegs verzögert hat, drängt sich förmlich auf. Diesbezüglich ist der Start in die G20-Woche am Sonntag an dieser Stelle gründlich misslungen», erklärte Gallina am Montag. «Es ist auch nicht gut, allen G20-Kritikern, die nach Hamburg reisen und hier übernachten wollen, unlautere Motive zu unterstellen.»

Das Hamburger Verwaltungsgericht bestätigte am Montag die Auflagen gegen das Protest-Camp in Entenwerder. Demnach dürfen die G20-Gegner weder Schlafzelte aufstellen noch Küchen oder Duschen errichten. Umstritten ist aber, ob die Polizei schon am Sonntagnachmittag ohne entsprechenden Gerichtsbeschluss die Errichtung des Camps hatte beeinträchtigen dürfen.

Andreas Blechschmidt vom linksautonomen Kulturzentrum «Rote Flora» sprach hingegen von «rechtsfreien Räumen» und einer «Selbstermächtigung der Polizei», die gerichtlich legitimiert werde. Es sei ein Signal an alle, die demonstrieren wollten, dass es offenbar keinen Rechtsschutz durch Hamburger Gerichte gebe, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Ganz anders beurteilten die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG), die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und die Hamburger CDU das Vorgehen der Behörden. Die bisherige polizeiliche Linie sei voll aufgegangen, sagte der DPolG-Bundesvorsitzende Rainer Wendt.

Unterdessen mussten die Organisatoren der Abschlusskundgebung der Demonstration «G20 – not welcome» am 8. Juli eine weitere juristische Niederlage hinnehmen. Die Kundgebung dürfe weiter nicht auf dem Heiligengeistfeld im Hamburger Stadtteil St. Pauli abgehalten werden, sondern müsse auf den Millerntorplatz ausweichen, entschied das Hamburgische Oberverwaltungsgericht (OVG).

Es bestätigte eine entsprechende Entscheidung des Verwaltungsgerichts und wies eine Beschwerde der Veranstalter dagegen zurück (Az. 4 Bs 141/17). Es bestünden hinreichende Anhaltspunkte, dass aus der Versammlung Gewaltstraftaten begangen würden, welche die körperliche Unversehrtheit oder das Leben von Polizisten, Unbeteiligten und friedlichen Demonstrationsteilnehmern gefährden könnten.

Auf dem Heiligengeistfeld gebe es die Gefahr einer Massenpanik bei den angekündigten 50 000 bis 100 000 Teilnehmern, während der Millerntorplatz in mehrere Richtungen verlassen werden könne, heißt es in der Mitteilung. Angesichts der Gefahren für Leib und Leben müsse hingenommen werden, dass eventuell nicht alle Teilnehmer die Abschlusskundgebung verfolgen könnten. Zudem liege der Millerntorplatz noch in der Nähe des Tagungsortes.

Daneben beschäftigt auch das geplante Camp im Altonaer Volkspark die Gerichte. Nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) solle die Versammlungsbehörde als Folge einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nun sagen, ob und in welcher Form sie das Camp duldet oder nicht, sagte eine Gerichtssprecherin.

Die Aktivisten ließen keinen Zweifel daran, dass sie in der Hansestadt zelten wollen. Sie drohten an, «Parks, Plätze, Flächen und Knotenpunkte» mit vielen, kleinen Camps zu besetzen, wenn die Polizei kein zentrales Camp mit Übernachtungsmöglichkeiten ermöglichen sollte.

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