Die Bürger hätten eine „klare Wahl“, rief Hillary Clinton auf ihrer letzten Wahlveranstaltung 40.000 Anhängern entgegen. „Es geht um die Wahl zwischen Spaltung und Einheit; zwischen einer verlässlichen und starken Staatsführung und einem unsicheren Kantonisten, der alles aufs Spiel setzt; zwischen einer Wirtschaft, die für jeden funktioniert oder nur für diejenigen an der Spitze.“ Ihrem republikanischen Gegenkandidaten Donald Trump warf sie Unberechenbarkeit vor. „Er könnte alles in Gefahr bringen“, sagte Clinton. „Wir stehen vor der größten Prüfung unserer Zeit.“

In Philadephia, wo 1776 die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten verlesen wurde, erinnerte sie an die Gründung der US-amerikanischen Demokratie und den Kampf um Bürgerrechte – von den Afroamerikanern bis zur LGBTQ-Community.

Den zornigen Ton des Wahlkampfs bedaure sie zutiefst. „Habt Ihr die TV-Debatten gesehen?“ fragte Hillary Clinton in die Menge. „Ich habe es viereinhalb Stunden neben Trump ausgehalten. Allein daran seht Ihr, dass ich das Durchhaltevermögen habe, um Präsidentin zu werden.“ Sie erinnerte daran, dass Trump „die Hälfte aller Amerikaner beleidigt“ habe: Frauen, Latinos, Immigranten, Journalisten, CEOs und viele weitere Gruppen. „Wenn Eure Kinder und Enkel Euch in vielen Jahren fragen, was Ihr 2016 gemacht habt, als alles auf dem Spiel stand, könnt Ihr sagen, dass Ihr für ein inklusiveres Amerika gewählt habe, in dem wir Brücken statt Mauern gebaut haben“, rief sie ihren Unterstützern zu.

Zuvor hatten sich unter anderem der scheidende US-Präsident Barack Obama und First Lady Michelle Obama an die Teilnehmer der Großkundgebung gewandt. Die Wähler müssten „die Furcht zurückweisen und für die Hoffnung stimmen“, sagte Obama. Er warb erneut eindringlich für die Wahl von Hillary Clinton, die als „Staatsfrau, Mutter, Großmutter und Patriotin“ eine „Präsidentin für alle“ sein werde.

Mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung als Politikerin sei sie „besser auf diesen Job vorbereitet als jeder Präsident vor ihr – besser als ich, besser als (ihr Ehemann) Bill“, sagte Obama. „Ich wette darauf, dass die Weisheit und der Anstand und die Großzügigkeit des amerikanischen Volkes abermals siegen werden, und dies ist eine Wette, die ich bislang niemals verloren habe.“

Obama spottet über Trumps Rechtsverständnis

Kurz zuvor hatte sich Obama in Durham im Staat New Hampshire erneut deutlich gegen Donald Trump ausgesprochen. In spöttischem Ton verwies er auf dessen Drohungen er werde Clinton im Falle eines Wahlsiegs ins Gefängnis werfen lassen. „Vielleicht denkt Putin, dass das okay ist. Ich glaube das nicht“, sagte Obama. Damit spielte er auf Vorwürfe der Demokraten an, Trump verfolge einen Kuschelkurs mit dem russischen Präsidenten. Clinton „weiß tatsächlich, was in der Welt vor sich geht“, sagte Obama weiter. Der US-Präsident hatte sich im Wahlkampf lange zurückgehalten; seine Kritik an Donald Trump äußerte er über Monate hinweg sehr subtil und ohne dessen Namen zu nennen.

„Wir haben diese Wahl in der Hand“, sagte Michelle Obama vor jubelnden Anhängern. „Aber wenn wir zu Hause bleiben oder eine Protestwahl riskieren, wird ihr Rivale gewinnen.“ Die Wahl sei „atemberaubend eng“.

Unterstützung bekam Clinton auf der Kundgebung auch von Rockstar Bruce Springsteen, der Trump einen „profunden Mangel an Anstand“ bescheinigte. Trump stelle „seine eigenen Interessen und sein Ego vor die amerikanische Demokratie“, sagte Springsteen. Wer seine Stimme für Clinton abgebe, stehe „auf der richtigen Seite der Geschichte“. Um Mitternacht (Ortszeit) will Clinton noch ein allerletztes Mal in North Carolina auftreten, das wie Pennsylvania ein besonders umkämpfter Staat („Swing State“) ist.

Trump: „Wir werden sie wegpusten“

Clintons Rivale Donald Trump ließ sich unterdessen bereits als Sieger feiern. Er glaube den Umfragen nicht, die auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit seiner Rivalin Hillary Clinton hindeuteten, sagte Trump in Scranton im Staat Pennsylvania. „Ich denke, wie werden die morgen wegpusten. Das ist nicht der Sound eines Zweitplatzierten.“ Clinton bezeichnete er zudem als „das Gesicht des Versagens“ und Teil einer korrupten Washingtoner Polit-Elite. Sie habe in ihren Jahren im öffentlichen Leben zu wenig erreicht, kritisierte Trump.

Der 70-Jährige reiste am Tag vor der Wahl noch einmal kreuz und quer durch die besonders umkämpften US-Staaten. So buhlte er kurz vor seiner Abschlusskundgebung in Raleigh in North Carolina um Stimmen. Er zeichnete ein düsteres Bild der USA: Das Land werde von Überschuldung und hoher Kriminalität geplagt – beides könne nur er lösen. „Ihr habt noch einen halben Tag, um jeden Traum, den ihr euch jemals für euer Land und eure Familien erträumt habt, wahr werden zu lassen“, rief er.

Zuvor war Trump in Sarasota in Florida aufgetreten. Beobachtern zufolge braucht er dort unbedingt einen Sieg, wenn er Clinton schlagen will.

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