Die Regierung in Canberra wird 70 Millionen australische Dollar an Menschen zahlen, die sie in den vergangenen Jahren in einem Lager auf der zu Papua-Neuguinea gehörenden Insel Manus untergebracht hatte. 1923 Flüchtlinge hatten gemeinsam gegen die Regierung von Premierminister Malcolm Turnbull geklagt und ihr vorgeworfen, in dem Camp physische und psychische Schäden erlitten zu haben.
Die Regierung hatte im Juni einer außergerichtlichen Einigung zugestimmt. Und diese wurde nun von einem Gericht im Bundesstaat Victoria offiziell bestätigt. Es handle sich um eine „faire und angemessene Summe“, sagte Richter Cameron Macaulay. Umgerechnet sind es rund 47 Millionen Euro.
Die australische Asylpolitik ist höchst umstritten. Die Regierung lässt Flüchtlinge, die sich mit dem Boot auf den Weg nach Australien machen, grundsätzlich nicht ins Land. Stattdessen werden die Menschen in Lager auf Manus oder im Inselstaat Nauru untergebracht. Dort leben sie unter teils widrigsten Umständen (hier lesen Sie mehr zur Asylpolitik in Australien).
Das höchste Gericht in Papua-Neuguinea hatte das Camp auf Manus im April des vergangenen Jahres für rechtswidrig erklärt. Die Lagerhaft verstoße gegen das Grundrecht auf persönliche Freiheit und sei deshalb verfassungswidrig und unrechtmäßig. Ende des kommenden Monats soll es endgültig schließen.
Monatelangen Prozess vermieden
Mit der außergerichtlichen Einigung hat es die Turnbull-Regierung vermieden, den Fall vor einem Gericht verhandeln zu müssen. Ein Prozess hätte Schätzungen zufolge bis zu sechs Monaten dauern können. Zahlreiche Flüchtlinge und Mitarbeiter hätten wohl über den Alltag in dem Lager auf Manus ausgesagt.
Immer wieder gab es von dort Berichte über sexuelle oder physische Misshandlung von Flüchtlingen, über mangelnde medizinische Versorgung oder Selbstverletzungen der Menschen (sehen Sie hier Bilder einer Undercover-Recherche aus Manus: „Camp Dead End“).
An der Sammelklage hatten sich fast 2000 Menschen beteiligt, die in dem Lager gelebt haben oder dort noch immer leben. Das ist ein Großteil der Flüchtlinge, die seit 2012 dorthin gebracht wurden.
Entschädigungssumme als zu niedrig kritisiert
Einwanderungsminister Peter Dutton sagte nach der Einigung im Juni, man gestehe damit kein Fehlverhalten ein. Vielmehr vermeide man einen langen und teuren Prozess. Der ehemalige Premierminister Tony Abbott nannte die Entscheidung damals einen unverhofften Glücksfall für „Menschen, die ungerechterweise die Großzügigkeit unseres Landes ausgenutzt haben“.
Einer der Anwälte, der die Sammelklage verhandelte, ist Rory Walsh. Er sagte nach der jüngsten Gerichtsentscheidung, die Regierung könne nun ihre Verantwortung für die Menschen in dem Lager nicht mehr an Papua-Neuguinea abschieben. „Wir haben nicht die Regierung Papua-Neuguineas verklagt“, sagte Walsh, „wir haben das australische Commonwealth verklagt“.
Einige der Flüchtlinge in Manus Island haben die Summe von 70 Millionen australischen Dollar als zu niedrig kritisiert. „Natürlich gibt es keine Summe, mit der diese Menschen angemessen für das entschädigt werden könnten, was ihnen widerfahren ist“, sagte Walsh gegenüber Fairfax Media. Noch ist unklar, wie genau das Geld bei den Flüchtlingen ankommen soll. Laut Walsh sollen dafür nun verschiedene Optionen geprüft werden.
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