Das Thema der ARD-Talkshow „Maischberger“ hieß gestern Abend „Vorwurf ‚Lügenpresse‘ – Kann man Journalisten noch trauen?“ Gleich zu Anfang ging es dabei auch um einen Artikel aus dem stern: „Sachsen, ein Trauerspiel“. In die Titelgeschichte vom 20. Oktober diesen Jahres berichtet stern-Autor Walter Wüllenweber über den Rechtsextremismus in Sachsen. „Nichts, aber auch wirklich nichts, was er dort in diesem größeren Stück über Sachsen, das angeblich braune Sachsen, geschrieben hat, stimmt“, behauptete Maischbergers Gast Vera Lengsfeld, eine frühere DDR-Bürgerrechtlerin und ehemalige Bundestagsabgeordnete der CDU, „da war alles falsch.“

Wickert fragt: „Was war falsch?“

Eingeladen war auch Ulrich Wickert. Der langjährige „Mister Tagesthemen“ fragte nach: „Was war falsch?“ Vera Lengsfeld nannte den Fall eines Asylbewerbers, der in Dresden zu Tode gekommen war. „Herr Wüllenweber im stern stellt das wieder ganz verzerrt dar“, sagte Lengsfeld. Tatsache ist jedoch: Dieser Fall wird in dem Artikel mit keinem einzigen Wort erwähnt. Als weiteres Beispiel für Fehler in dem stern-Artikel nannte Lengsfeld den Selbstmord eines Asylbewerbers im thüringischen Schmölln. Doch auch darüber findet sich in dem stern-Artikel über Sachsen keine Zeile.

Kein Wort über Sebnitz

Zu guter Letzt versuchte Vera Lengsfeld, ihren Vorwurf gegen den stern mit dem Fall Sebnitz zu untermauern. 1997 war dort der sechsjährige Joseph im Schwimmbad ertrunken. Angeblich sollten Sebnitzer Neonazis den Jungen vor aller Augen ertränkt haben. Medien aus der ganzen Welt berichteten über den ungeheuren, aber falschen Verdacht. Der stern gehörte nicht dazu. Im Gegenteil: Nach umfangreichen Recherchen war die Redaktion eines der ersten Medien, das „Die Lügen von Sebnitz“ (stern 49/2000) schließlich aufdeckte. In dem von Lengsfeld kritisierten Artikel über Sachsen tauchen jedoch weder das Wort Sebnitz noch der inzwischen 16 Jahre alte Fall auf.

Prüfung rechtlicher Schritte

Der Vorwurf „Lügenpresse“ gegen den stern wird also mit drei nachweislich unwahren Beispielen erhoben. Der stern prüft deswegen rechtliche Schritte gegen Vera Lengsfeld. Auch an die Redaktion „Maischberger“ stellen sich Fragen. Schon während der Live-Sendung wurde die Redaktion per Telefon und Twitter darauf hingewiesen, dass die Behauptungen falsch sind. Zum Ende der Talkshow las Sandra Maischberger sogar Wortmeldungen von Zuschauern vor, auf die Reaktionen zu den Lengsfeld-Äußerungen ging sie aber nicht ein.

Die „Maischberger“-Sendung kann man sich noch einmal in der ARD-Mediathek anschauen

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