Washington (dpa) – Donald Trump hat mit einer jahrzehntelangen diplomatischen Tradition gebrochen und damit den Unmut Chinas auf sich gezogen. Der Republikaner telefonierte am Freitag mit Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen – als erster neugewählter US-Präsident seit 1979.

China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz und nicht als souveränen Staat. Die Reaktion aus Peking kam prompt. Man habe die Berichte zur Kenntnis genommen und seine Position bei den US-Behörden ernsthaft deutlich gemacht, erklärte das chinesische Außenministerium am Samstag. Es müsse unterstrichen werden, dass es nur ein China gebe und Taiwan ein untrennbarer Teil des chinesischen Territoriums sei.

Der Nationale Sicherheitsrat der US-Regierung pflichtete umgehend bei, dass sich an der Linie des Weißen Hauses nichts geändert habe. Man bleibe der „Ein-China“-Politik verpflichtet, erklärte der Sprecher Ned Price.

Washington hatte Ende der 70er Jahre die diplomatischen Beziehungen zu Taiwan abgebrochen und Beziehungen zur Volksrepublik China aufgenommen. Damals verpflichteten sich die USA aber, die Verteidigungsfähigkeit Taiwans zu sichern und zu verhindern, dass seine Zukunft anders als mit friedlichen Mitteln bestimmt wird. Heute pflegen beide Seiten stabile, aber inoffizielle Beziehungen – vor allem auf wirtschaftlicher und militärischer Ebene.

Der höchst ungewöhnliche Kontakt machte schon am Freitagabend sofort Schlagzeilen. Trumps Team erklärte zunächst, Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen habe dem Republikaner zum Wahlsieg gratuliert und mit ihm „über die engen wirtschaftlichen, politischen und sicherheitspolitischen Bindungen zwischen Taiwan und den USA gesprochen“.

Wie so oft nutzte Trump den Kurznachrichtendienst Twitter , um seine Sicht der Dinge zu erläutern. „Die Präsidentin Taiwans hat heute MICH ANGERUFEN, um mir zur gewonnenen Präsidentschaft zu gratulieren. Dankeschön!“, schrieb er. Und kurz darauf: „Interessant, wie die USA Taiwan Militärausrüstung im Milliardenwert verkaufen, ich aber keinen Glückwunschanruf annehmen soll.“

In den Tagen nach seinem überraschenden Wahlsieg am 8. November hatte der 70-Jährige mit zahlreichen Staats- und Regierungschefs aus aller Welt telefoniert – und dabei schon mehrmals für Aufsehen gesorgt.

Einem taiwanesischen Medienbericht zufolge erkannte sein Team die Brisanz vorab durchaus. Trump habe dem von seinem „Taiwan-freundlichen Wahlkampfteam“ arrangierten Gespräch dennoch zugestimmt, schrieb die Zeitung „Taipei Times“. Seine Berater hätten ihn zuvor über Taiwan und Probleme in der Region informiert. Auch Trumps Beraterin Kellyanne Conway sagte dem Sender CNN, er sei sich der Implikationen des Gesprächs vollauf bewusst gewesen.

Bereits im Wahlkampf hatten Mitarbeiter des Trump-Teams für US-Waffenlieferungen an Taiwan plädiert, um Chinas militärischem Machtzuwachs zu begegnen.

Taiwans Präsidentin Tsai ließ erklären, sie habe bei Trump dafür geworben, dass er ihrem Land mehr Einflussmöglichkeiten sichere.

Peking appellierte an Washington, sich an die Verpflichtung zur Ein-China-Politik zu halten. „Die Regierung der Volksrepublik China ist die einzige rechtmäßige Regierung, um China zu vertreten. Das ist eine von der internationalen Gemeinschaft weithin anerkannte Tatsache“, betonte Außenministeriums-Sprecher Geng Shuang. Das Ein-China-Prinzip sei die politische Grundlage der amerikanisch-chinesischen Beziehungen. Die USA müssten die Taiwan-Frage sorgfältig behandeln, um unnötige Störungen der beiderseitigen Beziehungen zu vermeiden.

Seit Ende des Bürgerkrieges in China 1949 ist Taiwan ein Konfliktherd in Asien. Damals flüchteten die Truppen der chinesischen Kuomintang auf die Insel, die heute offiziell „Republik China“ heißt und sich als eigenständig funktionierende Demokratie sieht. Peking unterstreicht seine Androhung einer Rückeroberung bis heute mit Raketen, die auf Taiwan zielen, wo 23 Millionen Menschen leben.

Gleichwohl ist China Taiwans größter Handelspartner. Umgekehrt ist die Insel einer der größten Investoren in der Volksrepublik.

Wegen des Drucks aus Peking trauen sich nur wenige Staaten, Taiwan als souveränen Staat anzuerkennen. Wer es dennoch tut, setzt dafür seine diplomatische Beziehungen zu Peking aufs Spiel. Auch Deutschland vertritt seine Interessen in Taipeh nur durch ein Deutsches Institut.

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