Nach dem verlorenen Referendum hat der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi seinen Rücktritt angekündigt. Er werde am Montag sein Rücktrittsgesuch bei Staatschef Sergio Matterella einreichen, sagte Renzi kurz nach Mitternacht bei einer im Fernsehen übertragenen Rede im Regierungspalast in Rom. Der Schritt kam nicht überraschend: Der Premier hatte sein politisches Schicksal an den Ausgang des Referendums gebunden.

„Wir haben es nicht geschafft, die Mehrheit unserer Bürger zu überzeugen“, sagte Renzi weiter. Die Gegner der von ihm vorangetriebenen Verfassungsreformen hätten einen „außerordentlich deutlichen“ Sieg errungen. „Das Nein hat gewonnen.“

Per Twitter bedankte er sich bei den Wählern. „Dennoch danke an alle“, schrieb er kurz nach Mitternacht am Montag.

Die von Renzi vorangetriebene Verfassungsreform sollte den politischen Einfluss des Senats beschränken und den Regionen einige Entscheidungskompetenzen in wichtigen Fragen nehmen. Er argumentierte, dass dadurch die Bürokratie eingedämmt, das Regieren einfacher und Italien für Investoren attraktiver werden würde.

Italien

Bisher sind das Parlament und der Senat in Italien gleichberechtigt, sie blockieren sich aber auch oft. Premier Matteo Renzi will daher den Senat von 315 auf 100 Sitze verkleinern. Die Vertretung der italienischen Regionen soll künftig nur noch bei manchen Gesetzesvorhaben ein Mitspracherecht haben. Außerdem sollen die Mitglieder des Senats künftig nicht mehr direkt vom Volk gewählt, sondern ernannt werden. Die Mehrheit der Senatoren sollen Bürgermeister und Kommunalvertreter stellen, die quasi nebenamtlich Parlamentsarbeit machen.

Befürworter der Reform glauben, dass so die ewige Blockade der italienischen Politik beendet und effizienteres Regieren möglich wird. Schließlich kann der Senat nicht mehr so einfach der Regierung sein Vertrauen entziehen. Gegner befürchten, dass die Gewaltenteilung beschädigt und ein „Durchmarsch“ der Partei möglich wird, die im Nationalparlament die Mehrheit stellt. Außerdem könnten mit der Reform bald korrupte Bürgermeister durch ihre Mitgliedschaft im Senat geschützt werden – dort genießen sie nämlich Immunität vor Strafverfolgung.

Am Sonntag werden die Italiener per Volksentscheid das letzte Wort haben, ob die Reform kommt oder nicht.

Ministerpräsident Renzi hat die Verfassungsreform an seine politische Zukunft geknüpft. Wenn er verliert, dürfte er zurücktreten. Deshalb mobilisieren Renzis Gegner aller politischer Parteien fleißig für ein „Nein“ zum Referendum. Von den Linken wird der Sozialdemokrat gern als „Sklave Brüssels“ bezeichnet, der nur die Spar-Reformen der EU durchdrücken wolle und gar kein Linker mehr sei. Andere Italiener sind enttäuscht, dass es in ihrem Land wirtschaftlich nicht vorangeht.

In Brüssel fürchtet man, einen der letzten „wahren Europäer“ unter den europäischen Regierungschefs zu verlieren – zumal die eurokritische Fünf-Sterne-Bewegung laut Umfragen etwaige Neuwahlen in Italien gewinnen könnte. Außerdem ist die Finanzsituation der italienischen Banken äußerst angespannt. Schon wird befürchtet, dass eine Niederlage Renzis am Sonntag die Finanzmärkte verunsichern und so die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone und damit auch die EU in Turbulenzen bringen könnte. 

Durch Renzis Entscheidung, seine persönliche Zukunft an den Ausgang der Abstimmung zu knüpfen, geriet diese aber zum Volksentscheid über seine Regierung. Seine Kontrahenten hofften dabei, vom Erstarken populistischer Kräfte in Europa und den USA profitieren zu können. 

Hochrechnungen sahen die Gegner der Verfassungsreform von Renzi deutlich vorne: Etwa 60 Prozent stimmten demnach gegen die Pläne, nur 40 Prozent dafür. Die Wahlbeteiligung lag laut Innenministerium bei etwa 64 Prozent.

Read more on Source