Jared Kushner ist völlig anders als sein Chef: Während Donald Trump lautstark polternd das Rampenlicht sucht, hält sich sein Schwiegersohn lieber still im Hintergrund. Diplomaten, die Kushner getroffen haben, beschreiben ihn als höflich, zurückhaltend, fast scheu. Respektvoll und ruhig habe er sich alle Positionen angehört, seine Meinung in den Treffen aber vollständig für sich behalten.

Schon während des Wahlkampfes sahen US-Medien Kushners Rolle als die des eigentlichen Chefs hinter den Kulissen: Als entschlossenen Treiber und Verhandler, ruhigen Weichensteller und Entscheider charakterisierten sie ihn. Jetzt hat es der „Anti-Trump“ ins Zentrum der Macht geschafft. Er wird Chefberater des 45. US-Präsidenten.

Kushner und Trump verbindet ähnlicher Werdegang

Kushner ist in New Jersey aufgewachsen und stammt wie Trump aus einer schwerreichen, mächtigen Immobilien-Dynastie. Und ebenso wie Trump expandierte er dieses Imperium, indem er in Wolkenkratzer im New Yorker Stadtteil Manhattan investierte. Die meisten Bilder vor dem Wahlkampf zeigen Kushner, der gerade seinen 36. Geburtstag gefeiert hat, als klassischen All American Boy: ein gertenschlanker Mann in Chinos, Poloshirt und Sportschuhen. Studium in Harvard und New York, Abschluss in Betriebswirtschaft und Jura. Frischgewaschene Ausstrahlung, geschmackvoll gekleidet, ein echtes Ostküstengewächs.

Die Familiengeschäfte übernahm Kushner de facto mit 25 – als sein Vater 2005 wegen Steuerbetrugs, illegaler politischer Spenden und Zeugenbeeinflussung 14 Monate lang hinter Gittern saß. In dieser Zeit lernte der orthodoxe Jude bei einem Geschäftstreffen, das gemeinsame Freunde vorgeschlagen hatten, Trumps Tochter Ivanka kennen zu lernen, die ihrerseits eine leitende Position im Unternehmensimperium ihres Vaters einnimmt und daneben eine eigene Mode- und Schmuckfirma betreibt. Eigentlich sollte es ums Business gehen, doch zwischen den ehrgeizigen Millionärs-Sprösslingen funkte es. „Es war der beste Deal, den wir je gemacht haben“, scherzte Ivanka Trump einmal in einem Interview. Vor der Heirat im Jahr 2009 konvertierte sie für ihren Mann zum Judentum. Die Hochzeitsfeier fand in Kushners Heimat New Jersey statt – aber auf dem Golfplatz der Trumps. Das Paar hat heute drei Kinder.

Späte Rache für die Haft seines Vaters?

Kushner hat wichtige Verbindungen ins Silicon Valley und als Herausgeber des Wochenblatts „New York Observer“ in die weite Welt der Medien. Er ist eine Schlüsselfigur im Team von Donald Trump, der außerhalb seiner Familie angeblich niemandem wirklich traut. Nach dem Wahltriumph arbeitete Kushner wesentlich an den Vorbereitungen für die Machtübernahme und den Besetzungen der Posten mit. US-Medien machen ihn beispielsweise für die Degradierung oder den Rauswurf mehrerer Mitglieder des Übergangsteams verantwortlich.

So gilt Kushner als treibende Kraft hinter der Entmachtung von Chris Christie, der vom Leiter des Übergangsteams zu einem von mehreren Stellvertretern degradiert wurde. Es handelt sich mutmaßlich um einen Akt der späten Rache. Denn Christie hatte einst als Staatsanwalt Kushners Vater hinter Gitter gebracht. Laut dem Magazin „New Yorker“ soll die Schmach seines Vaters bei Kushner tiefe Spuren hinterlassen haben. Bewiesen ist das alles nicht.

Und nun bekommt Kushner also einen Platz im innersten Zirkel der präsidialen Macht. Dort, wo Stabschef Reince Priebus wirken wird – und Chefstratege Stephen Bannon, für viele einer der größten Schmutzfinken der US-Politik, der unter anderem mit antisemitischen Äußerungen auffällig wurde. Es dürfte spannend werden, wie Bannon sich mit dem orthodoxen Juden Kushner verträgt.

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