Der Auftritt von US-Präsident Donald Trump beim Weltwirtschaftsforum hat nicht nur den Grünen-Chef Robert Habeck ratlos zurückgelassen. Dermaßen plump hatte Trump die eigene Politik schön geredet, vom „größten Boom“, der „gerechtesten Wirtschaft“, der „saubersten Luft“ schwadroniert, dass manchem Zuhörer der Atem stockte angesichts der Selbstgerechtigkeit des US-Präsidenten.
Man könne das womöglich so sehen, schrieb der US-Wirtschaftsforscher Ian Sheperdson auf Twitter, aber nur „aus der Sicht eines Dreijährigen“. Noch weitaus detaillierter setzte sich in Davos Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz mit Trumps Lobrede auf sich selbst auseinander. Auf zwei DIN-A-4-Seiten hat Stiglitz einen Faktencheck zu Trumps-Wirtschaftspolitik präsentiert, unterfüttert mit einer Menge an Unterpunkten und Zahlen und penibel mit Links zu amtlichen Fakten dokumentiert.
„War Trump wirklich gut für die US-Wirtschaft?“ fragt Stieglitz ganz oben und listet eine Reihe von Fakten auf, die eine eindeutige Antwort suggerieren: Nein! Als Beispiel führt Stiglitz etwa an, dass der Median der Löhne eines vollzeitbeschäftigten Arbeiters in den USA 3 Prozent unter dem von vor 40 Jahren liegt. Oder dass die Investitionen unter Trump gefallen sind, im dritten Quartal 2019 sogar auf den negativen Wert von minus 0,6 Prozent.Trump-Aussagen Davos 13.04
„Was ist mit den Menschen, die nicht zu den Top-Verdienern gehören?,“ fragt Stiglitz weiter. Und auch hier ist die Antwort in seinen Augen klar: 4,4 Millionen Menschen mit Behinderungen verlören durch Trumps Maßnahmen ihren Status, 2,2 Millionen Haushalte wären nicht mehr berechtigt, Lebensmittelmarken zu beziehen. Dazu hätte der Präsident drei Mal (vergeblich) versucht, Freizeitprogramme für 1,7 Millionen Kinder zu beschneiden.
In diesem Stil geht es Schlag auf Schlag weiter. Jeder Punkt ein faktenbasierter Hieb gegen Trumps Selbstlob-Sammelsurium. Etwa, dass es trotz aller Versprechen keine reale Verbesserung der US-Handelsbilanz gegeben habe. Dass die Steuerreform von 2017 zwar große Vorteile für Firmen und Superreiche bringe, aber 70 Prozent der Familien mit mittlerem Einkommen benachteilige. Zu guter Letzt nimmt Stiglitz Trumps Klimaskepsis auseinander und kommt am Ende zu dem moralischen Schluss: „Selbst wenn die Wirtschaft brummen würde, würde das nicht die Aushöhlung von Amerikas Demokratie und Werte unter Trump rechtfertigen“.
Aushöhlung von Amerikas Werten und Demokratie unter Trump
Am Ende seines Vortrages ließ Stiglitz, der derzeit an der Columbia University lehrt und 2001 mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet wurde, von seiner Frau Ausdrucke in der Kongresshalle von Davos verteilen. Wohl wissend, dass diese anschließend ihren Weg zum Kurznachrichtendienst Twitter finden würden.
Im Vorfeld des Weltwirtschaftsforums hatte er seine Abrechnung mit Trumps Wirtschaftspolitik bereits auf der Meinungsseite Project Syndicate veröffentlicht (hier eine deutsche Übersetzung)
Kleiner Schönheitsfehler allerdings: Von Fakten, das haben die vergangenen Jahre gezeigt, haben sich Trump (und seine Wähler) noch nie in ihrer Selbstgewissheit beirren lassen.
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