In Estland steht wenige Tage nach der Absetzung von Ministerpräsident Taavi Rõivas ein neues Regierungsbündnis: Der Oppositionspolitiker Jüri Ratas wurde vom Parlament in Tallinn als neuer Ministerpräsident des baltischen EU- und Nato-Landes bestätigt. Für den 38-Jährigen Chef der linksgerichteten Zentrumspartei votierten 53 von 93 Abgeordneten. Ratas war zuletzt Vizepräsident des Parlaments.

Rõivas war nach dem Bruch seiner Regierungskoalition wegen interner Querelen am 9. November mit einem Misstrauensvotum gestürzt worden. Die Sozialdemokraten und das konservative Wahlbündnis IRL hatten danach Gespräche mit der Zentrumspartei aufgenommen. Ratas war am Sonntag von Staatspräsidentin Kersti Kaljulaid mit der Regierungsbildung beauftragt worden.

Zusammen mit den beiden Chefs von Rõivas‘ bisherigen Juniorpartnern hat er am Montag eine Koalitionsvereinbarung unterzeichnet. Das Dreierbündnis kommt auf eine Mehrheit von 56 der 101 Sitze im Parlament in Tallinn.

Die Oppositionskraft ist vor allem bei der starken russischen Minderheit in Estland beliebt und war wegen ihres kontroversen Parteichefs Edgar Savisaar lange verpönt. Seit dem Wechsel an der Spitze zu Ratas gilt sie aber als koalitionstauglich.

In seiner Rede im Parlament bezeichnete der neue Regierungschef die demografische Entwicklung, die stagnierende Wirtschaft, die wachsende Ungleichheit und die Sicherheitslage als die größten Herausforderungen Estlands. An der eingeschlagenen Außen- und Verteidigungspolitik des baltischen Landes wolle er nichts ändern. Estlands Mitgliedschaft in EU und Nato sei die beste Garantie für Sicherheit, sagte Ratas nach Angaben des estnischen Rundfunks.

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