Marco Rubio mag Donald Trumps Namen bis heute nicht aussprechen. Nicht nur, weil die Vorwahl-Wunden sicher immer noch schmerzen. Sondern auch, weil Trump ein Problem für alle Republikaner ist, die bei den Kongresswahlen um ihre Zukunft fürchten müssen. Mit Trump will man auf einmal nichts mehr zu tun haben.
Beispiel Rubio: Der US-Senator aus Florida steht am Dienstag unter Trump mit auf dem Stimmzettel – doch seine lange sichere Wiederwahl ist plötzlich ebenso fraglich wie ein Sieg Trumps. Schon hat sich Rubios Rivale, der von Hillary Clinton propagierte Abgeordnete Patrick Murphy, bis auf wenige Prozentpunkte an ihn herangeschlichen.
Also: Bloß nicht nach Trump fragen! Was die Reporter aber natürlich umso lieber tun. „Die Leute wissen, dass ich mit beiden Kandidaten in vielen Dingen nicht übereinstimme“, windet sich Rubio. „Die meisten Amerikaner sagen: Das sind keine idealen Optionen.“
Solche Distanzierungen vom eigenen Präsidentschaftskandidaten vollführen in diesem Wahlkampffinale Dutzende Republikaner. Denn beim alles überstrahlenden Duell von Trump und Hillary Clinton gerät schnell in Vergessenheit: Am Dienstag geht es, neben dem Weißen Haus, auch um die kaum weniger wichtige Mehrheiten im Kongress – ein unverzichtbarer Hebel im US-Gewaltenteilungsprinzip („checks and balances„). Hier – und nicht im Oval Office – finden oft die wahren Machtspiele statt.
Auf dem Spiel stehen alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus und 34 der 100 Senatssitze. Noch halten die Republikaner in beiden Kammern die Mehrheit, eine knappe im Senat (54 Senatoren) und eine breitere im „House“ (247 Abgeordnete). Doch dank des negativen „Trump-Effekts“ haben die Demokraten Hoffnung, zumindest das Oberhaus zurückzuerobern – und so einen Präsidenten Trump auszubremsen oder die Blockade einer Präsidentin Clinton durch die Republikaner abzufedern.
Senator Marco Rubio
Senat
In Florida hat Marco Rubio Gegenwind: Seine Vorwahl-Niederlage gegen Trump hat ihn blamiert, sein anschließendes Hin und Her – will er in den Senat zurück oder nicht – war auch nicht hilfreich.
In Nevada liegen der Republikaner Joe Heck und die Demokratin Catherine Cortez Masto Kopf an Kopf im Kampf um den Sitz des scheidenden Senators Harry Reid, des bisherigen Minderheitenchefs. In Pennsylvania ist der Republikaner Pat Toomey weit abgeschlagen hinter die Umweltpolitikerin Katie McGinty zurückgefallen. Die Republikanerin Kelly Ayotte bangt in New Hampshire um ihren Verbleib im Senat, obwohl sie sich – zu spät – von Trump losgesagt hat.
Auch der Republikaner Mark Kirk – der 2008 Obamas vorherigen Senatssitz in Illinois gewann – sieht seine Träume platzen: Seine Rivalin, die Kriegsveteranin Tammy Duckworth, hat inzwischen einen zweistelligen Vorsprung. So gut wie sicher ist die Wiederwahl des New Yorkers Chuck Schumer, ein parteiübergreifend beliebter Senats-Oldie, der bereits als nächster Mehrheitsführer gehandelt wird.
Repräsentantenhaussprecher Paul Ryan
Repräsentantenhaus
Hier sind Dutzende Sitze umkämpft. Wohl nicht genug für einen Machtwechsel, dazu müssten die Demokraten 38 Bezirke von den Republikanern erobern. Doch vielleicht genug, um die politische Blockade zu beenden. Garantiert ist die Wiederwahl, wenngleich nicht zwingend der Posten des Republikaners Paul Ryan aus Wisconsin: Der Noch-Sprecher des Repräsentenhauses muss nach seinem Zick-Zack-Kurs zu Trump einer Parteirevolte entgegensteuern – zumindest aber Gerüchten, er werde als „Speaker“ zurücktreten.
In den Vororten Washingtons im Bundesstaat Virginia versucht die Abgeordnete Barbara Comstock einen ähnlichen Spagat zwischen Trump-Wählern und Trump-Kritikern, die sie beide braucht. In Florida befindet sich der Republikaner John Mica im „härtesten Kampf seiner Karriere“ („Washington Post“), nachdem die Neueinteilung des Bezirks seine konservative Basis verwässert hat – Micas Niederlage könnte schon früh am Wahlabend kommen, als Omen für die weitere Nacht.
Anderswo in Florida hofft der gemäßigte Republikaner Carlos Curbelo, ein Sohn von Exilkubanern, auf einen Sieg, er distanzierte sich als einer der ersten von Trump. In New Jersey droht der Abgeordnete Scott Garrett – der dem Freedom Caucus angehört, der konservativen Fraktion – gegen den Demokraten Josh Gottheimer, einen Ex-Redenschreiber Bill Clintons, zu verlieren. Garrett hatte sich mit schwulenfeindlichen Äußerungen selbst ins Abseits geredet.
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