Die irakische Führung hatte zu Beginn der Offensive gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) von einem „Sturm auf Mossul“ berichtet – doch vier Wochen nach Beginn zeigt sich: Der Kampf um die Rückeroberung der nordirakischen Großstadt wird lang und grausam.

Nur in sehr kleinen Schritten kämen die Spezialkräfte der irakischen Armee in den Straßen Mossuls voran, sagte der irakische Brigadegeneral Haider Fadhil der Nachrichtenagentur AP. Die Truppen kämpften am Rand des Stadtteils Qadisiya und versuchten, Zivilisten zu schonen und nicht in die Fallen der IS-Selbstmordattentäter zu laufen.

Während der Häuserkampf immer brutaler wird, filzen irakische Sicherheitskräfte an Kontrollpunkten im Süden und im Osten Mossuls jeden, der vor dem IS aus der Stadt entkommt. So soll verhindert werden, dass sich Dschihadisten aus der Stadt schleichen. An zwei Checkpoints soll es in den vergangenen Tagen Selbstmordanschläge gegeben haben. Dort hatten sich Attentäter unter die Flüchtenden gemischt und dann ihre Bomben zur Explosion gebracht.

Die Zeugen berichten von schrecklichen Erlebnissen: Laut Uno-Informationen ist die Rede von Massenhinrichtungen, Folter, Sexualverbrechen an Frauen und Mädchen sowie von der Zwangsrekrutierung von Kindern, sagte eine Uno-Sprecherin in Genf. Said Raad al-Hussein, Uno-Hochkommissar für Menschenrechte, rief zu sofortigen Schutzmaßnahmen für die Zivilbevölkerung auf.

Zeugenbericht aus Mossul: 40 Leichen an Telefonmasten aufgehängt

Immer wieder berichten Bewohner von Mossul und der umliegenden Region von massiven Übergriffen des IS und der Entdeckung von Massengräbern. Dazu gehöre, dass erst kürzlich 40 Zivilisten umgebracht und ihre Leichen zur Abschreckung an Strommasten aufgehängt wurden, sagte die Sprecherin des Uno-Hochkommissariats für Menschenrechte.

Die Ermordeten seien zuvor der Kollaboration mit der Regierung beschuldigt worden. Mehrere Menschen seien vom IS wegen des verbotenen Besitzes von Mobiltelefonen erschossen worden. Der Uno-Sprecherin zufolge haben IS-Kämpfer zudem Ende Oktober eine Schwefelfabrik in Brand gesetzt, um Zivilisten zu verletzen.

Weiteren Zeugenaussagen zufolge horte der IS auch „große Mengen“ Chemikalien – vor allem Ammoniak und Schwefel – in der Nähe von Zivilisten, um Angriffe auf seine Stellungen zu erschweren. Unerbittlich gehe der IS auch gegen Deserteure vor. Wegen Fahnenflucht habe die Terrormiliz sechs ihrer eigenen Kämpfer enthauptet. Außerdem drohe der IS, „Söhne des Kalifats“ würden die vorrückenden Truppen der Anti-IS-Koalition angreifen. Dabei soll es sich um Jugendliche handeln, die der IS zum Kämpfen zwingt und als Selbstmordattentäter in den Tod schickt.

Die neuen Berichte und frühere Angaben über Zehntausende in die Stadt verschleppte Zivilisten zeigen, dass der Kampf um die Stadt noch Wochen dauern könnte. Aus der Stadt sind bislang etwa 45.000 Menschen geflohen, und damit nur ein Bruchteil der von der Uno vorhergesagten Flüchtlingsströme.

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