Kurz setzt auf Frauen

Wien (dpa) – Österreichs neue Koalition aus Konservativen und Rechtspopulisten hat in ihrem Regierungsprogramm ein klares Bekenntnis zur EU festgelegt. An der EU-Mitgliedschaft des Landes und in anderen internationalen Organisationen dürfe nicht gerüttelt werden.

Volksabstimmungen zu dem Thema sind in den kommenden fünf Jahren nicht erlaubt. Auch wenn die direkte Demokratie in allen anderen Bereichen gestärkt werden soll. «Nur in einem starken Europa kann es auch ein starkes Österreich geben, in dem wir in der Lage sind, die Chancen des 21. Jahrhunderts zu nutzen», heißt es im Vorwort des Programms von konservativer ÖVP und rechter FPÖ, das am Samstag vorgelegt wurde.

Nach siebenwöchigen Verhandlungen hatten sich ÖVP und FPÖ am späten Freitagabend auf einen über 180 Seiten starken Koalitionspakt für die kommenden fünf Jahre geeinigt. Die Parteigremien segneten den Pakt einstimmig ab. ÖVP-Chef Sebastian Kurz wird damit in wenigen Tagen mit 31 Jahren
Europas jüngster Regierungschef. Die Regierung soll am Montag vereidigt werden. 

Die rechte FPÖ übernimmt das Außen-, das Innen- und das Verteidigungsministerium.
Die 52-jährige Nahostexpertin Karin Kneissl werde Außenministerin, sagte Parteichef Heinz-Christian Strache in Wien. Sie ist nicht Mitglied der FPÖ. «Damit setzen wir die Tradition der unabhängigen Außenminister fort», sagte Strache. Innenminister wird
der bisherige FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl. Das Verteidigungsministerium übernimmt der 41-jährige Mario Kunasek. 
Strache selbst wird in der neuen Koalition Vizekanzler und Sportminister.

Der ehemalige Rechnungshof-Präsident Josef Moser geht als Unabhängiger für die Konservativen auf die Regierungsbank. Er wird Justiz- und Reformminister. Die Kurz-Vertraute Elisabeth Köstinger wird nur wenige Wochen nach ihrer Wahl zur Parlamentspräsidentin Landwirtschaftsministerin. Der ehemalige FPÖ-Präsidentschaftsanwärter Norbert Hofer übernimmt das Infrastrukturministerium.

ÖVP und FPÖ wollen die illegale Migration stoppen und Asylverfahren beschleunigen. Außerdem sollen 2100 zusätzliche Polizisten eingestellt werden. Weiter planen die beiden Parteien einen Bürokratieabbau. Für Arbeitnehmer sollen flexiblere Arbeitszeiten gelten. Dafür soll die Steuerlast in den kommenden Jahren gesenkt und Familien mit einem Steuerbonus entlastet werden. Nach 40 Jahren im Beruf soll für Niedrigverdiener eine Mindestrente von 1200 Euro gelten.

Kurz bezeichnete die Zusammenarbeit mit dem künftigen Koalitionspartner als besonders positiv. «Wir haben den Willen bei der FPÖ gespürt, eine echte Veränderung im Land einzuleiten», sagte Kurz bei der Präsentation des Programms in Wien.

Das klare Nein zu einem «Öxit» war ausdrücklicher Wunsch der Volkspartei. Die Rechtspopulisten hätten sich eine Bürgerbefragung zu dem Thema durchaus vorstellen können. «Das muss man auch akzeptieren, dass es eine Partnerschaft gibt, wo jeder seine Position hat», sagte der FPÖ-Vorsitzende Strache.

Die Regierung selbst hat sich eine Nulllohnrunde und einen respektvollen Umgang miteinander verordnet. Nach außen soll das Bündnis durch einen neu eingeführten Regierungssprecher vertreten werden.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen will nach eigenen Aussagen vor der geplanten Vereidigung Anfang kommender Woche alle vorgeschlagenen Minister noch persönlich kennenlernen. Er hat die Befugnis, einzelne Minister abzulehnen. Van der Bellen sagte, dass der Vereidigung aber wohl «nichts im Wege» stehe. Früher hatte er sich deutlich kritischer über eine Regierungsbeteiligung der Rechtspopulisten geäußert.

Im Europaparlament sitzt Österreichs rechtspopulistische FPÖ in der Fraktion «Europa der Nationen und der Freiheit». Das abgekürzt ENF genannte Bündnis gilt als Sammelbecken für Rechtspopulisten. Mit 37 Abgeordneten ist es die kleinste Fraktion im Europaparlament. Zu ihren Mitgliedern gehören neben den drei Abgeordneten der FPÖ auch die der Front National (FN) aus Frankreich, der niederländischen Partei für die Freiheit von Geert Wilders und der italienischen Lega Nord. Einziger Deutscher ist der frühere AfD-Politiker Marcus Pretzell. Er tritt mittlerweile als Abgeordneter der Blauen Partei seiner Ehefrau Frauke Petry auf.

FN-Chefin Marine Le Pen hatte die ENF als Co-Vorsitzende zwei Jahre lang geführt und ihr ein Gesicht gegeben. Ihr Nachfolger Nicolas Bay ist wie der andere Co-Vorsitzende Marcel de Graaff deutlich weniger bekannt.

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