Im Kampf gegen Kinderarmut will die SPD eine eigenständige Grundsicherung einführen. Das berichtet die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf Beschlusspapier, für die zweitägige Klausur der Bundestagsfraktion. „Mit Kinderarmut werden wir uns nicht abfinden.“ Deshalb arbeite die SPD an „einer eigenständigen Absicherung für Kinder“, heißt es in dem Papier. Demnach soll noch in diesem Jahr ein Konzept vorgelegt werden – je nach Ausgestaltung könnte die neue Grundsicherung Milliarden kosten.
„Wir haben über drei Millionen Kinder in der Grundsicherung, obwohl wir ein sehr wohlhabendes Land sind“, sagte SPD-Fraktions- und Parteichefin Andrea Nahles im ARD-Morgenmagazin. Dies sei ein „unhaltbarer Zustand“. Nahles hatte die Kindergrundsicherung bereits im November im Zuge ihrer Forderung nach einer Ablösung des Hartz-IV-Systems formuliert: „Wir wollen eine Politik, die wirklich bei den Familien ankommt und bei den Kindern auch wirkt. Und das ist etwas, das wir deswegen bisher nicht im Griff haben, weil es verteilt ist von den Zuständigkeiten auf der kommunalen Ebene, teilweise Landesebene, Bundesebene. Und das müssen wir meiner Meinung nach besser zusammenpacken, damit es wirklich auch besser wirken kann“, sagte Nahles in der ARD.
Mit der neuen Grundsicherung will die SPD bestehende Sozialleistungen und Steuerbegünstigungen zusammenführen. Mit einer einzigen Leistung soll der Grundbedarf für Kinder abgedeckt werden. Insgesamt sollen Familien bis zu 620 Euro erhalten – bei höheren Einkommen weniger.
„Wir brauchen ein einfaches und bürgerfreundliches System, das insbesondere Kinderarmut wirksam bekämpft“, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) der Süddeutschen Zeitung. In seinem Bundesland werde bereits an einem entsprechenden Konzept gearbeitet. Laut Weil sei es nicht einzusehen, dass eine eigentlich wohlhabende Gesellschaft bislang keine befriedigende Lösung für Kinderarmut gefunden habe.
Auch für Bremens Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) ist die Einführung einer Kindergrundsicherung „unabdingbar“. Ihm zufolge könnten davon allein in seinem Bundesland mehr als 35.000 Kinder profitieren. „Den Sozialstaat wieder stark zu machen“, sei die beste Unterstützung, die er im Hinblick auf die Bürgerschaftswahlen im Mai von seiner Partei bekommen könne.
Starke-Familien-Gesetz als Grundlage für Reform
Grundlage für die neue Sicherung soll das Starke-Familien-Gesetz sein, das am Mittwoch vom Kabinett verabschiedet worden war. Mit dem von Familienministerin Franziska Giffey (SPD) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vorgelegten Gesetz sollen Familien mit kleinem Einkommen bessere staatliche Leistungen erhalten. So soll es einen höheren Kinderzuschlag, kostenloses Mittagessen in Schule und Kita, sowie kostenlose Schülerfahrkarten geben.
Den beiden Ministerinnen zufolge könnte die Reform eine Grundlage für eine mögliche Kindergrundsicherung bilden. Laut Heil müssten die Dinge „Stück für Stück“ geändert werden. Giffey zufolge würden zunächst „suboptimale staatliche Leistungen“ verbessert werden. Eine Neugestaltung des Kinderzuschlags sei laut ihr aber „ein Fundament für eine Kindergrundsicherung“.
Wie es in dem Beschlusspapier für die Klausurtagung heißt, reiht sich die Kindergrundsicherung ein in die Strategie der SPD, Kinder-, Familien- und Bildungspolitik „in den Mittelpunkt“ ihres politischen Handelns zu stellen.
Die Fraktion trifft sich am Donnerstag und Freitag in Berlin. Zum Auftakt wird Nahles sprechen. Neben den Themen Bildungschancen, Agrarpolitik und Europawahl soll es auch um die Neuaufstellung der Partei gehen. Die SPD hat erheblich an Wählervertrauen verloren und steht in Umfragen bei etwa 15 Prozent.
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