Von Michael Evers, dpa

Neuwahl nach Krise

Hannover (dpa) – Nach der Regierungskrise in Niedersachsen hat der Landtag in einer gerade einmal zwanzigminütigen Sondersitzung seine Auflösung beschlossen.

Mit dem Entscheid ist der Weg frei für eine vorgezogene Wahl am 15. Oktober. Die Abstimmung war notwendig geworden, weil die rot-grüne Regierungskoalition von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) ihre Ein-Stimmen-Mehrheit verloren hat. Auslöser war der Wechsel der Grünen-Abgeordneten Elke Twesten zur CDU Anfang August.

Ursprünglich war die Landtagswahl für kommenden Januar geplant. Nach einer Umfrage konnte zuletzt weder Rot-Grün noch Schwarz-Gelb auf eine Mehrheit hoffen. Die Regierungsbildung in Niedersachsen nach der Neuwahl könnte also schwierig werden.

Obwohl alle Fraktionen in einer vorherigen Landtagssitzung die Auflösung des Parlaments als Ausweg aus der Krise gefordert hatten, gab es bei der namentlichen Abstimmung in Hannover doch noch eine Turbulenz. Die CDU-Abgeordnete Annette Schwarz stimmte als einzige dagegen. Die übrigen 135 anwesenden Abgeordneten votierten für die Auflösung – die zweite in dem Bundesland nach 1970, ein Parlamentarier war entschuldigt.

Schwarz sagte zur Begründung, viele Menschen in Niedersachsen hätten sich bereits auf den ursprünglich geplanten Wahltermin am 14. Januar eingestellt. «Der Wahlkampf ist jetzt sehr stark verkürzt. Neue Kandidaten haben es dadurch besonders schwer.» Sie hätte lieber mit einer Minderheitsregierung weitergearbeitet oder ein Misstrauensvotum gegen die amtierende Regierung favorisiert.

Nachdem es in der vorangegangenen Landtagssitzung von Seiten der SPD noch hitzige Vorwürfe eines angeblichen «unmoralischen Angebots» der CDU an Twesten gegeben hatte und auch die Grünen ihrer ehemaligen Parteifreundin Vorwürfe machten, war die Stimmung gefasst. Zu Beginn der Sondersitzung gedachten die Abgeordneten mit einer Schweigeminute der Terroropfer in Spanien und Finnland. Wehmut über das vorzeitige Ende der Regierungsperiode erfasste manchen Abgeordneten, der nicht erneut kandidiert.

Dabei bleibt der Landtag auch nach seiner Selbstauflösung handlungsfähig. Niedersachsens Verfassung sieht vor, dass die Legislaturperiode erst mit der konstituierenden Sitzung des nächsten, neugewählten Landtags endet. Diese muss spätestens 30 Tage nach dem Wahltermin stattfinden, im aktuellen Fall bis zum 14. November. Im September will der alte Landtag noch einmal zusammenkommen, um einige Gesetzesvorhaben zu beschließen.

Zu den Beobachtern der Sondersitzung in Hannover gehörte auch der Journalist Rolf Zick (96), der die einzige vorherige Landtagsauflösung in Hannover 1970 noch lebhaft schildern konnte. «Das war ganz abenteuerlich.» Ein Kräftemessen zwischen SPD und CDU mit dem Überlaufen mehrerer Abgeordneter war damals der Auslöser. «Übertritte, die hat es immer gegeben in Niedersachsen», erinnerte sich Zick.

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