Hunderttausende Soldatinnen und Soldaten aus den Nato-Bündnisstaaten sind nach Russlands Einmarsch in die Ukraine in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt worden. Das gab Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel bekannt. Demnach sind unter den Streitkräften etwa 100.000 US-Soldaten in Europa und rund 40.000 Soldaten unter direktem Nato-Kommando. Unterstützt würden die Truppen von Luft- und Seestreitkräften sowie von der Luftabwehr, sagte Stoltenberg.

Die Nato sei zudem besorgt, dass Russland unter falschem Vorwand Chemiewaffen im Ukraine-Krieg einsetzen könnte, sagte Stoltenberg. Er warnte, jeglicher Einsatz solcher Waffen wäre „absolut inakzeptabel“.

Die Nato-Staaten hatten Russlands Angriff auf die Ukraine
bereits kurz nach dem Beginn als die seit Jahrzehnten schwerwiegendste
Bedrohung für die euroatlantische Sicherheit bezeichnet. Russland hatte
den von der Ukraine angestrebten Nato-Beitritt als einen der
Hauptgründe für den Einmarsch im Nachbarland genannt. Man fühle sich
durch die Nato-Osterweiterung bedroht.

Nato erwägt dauerhafte Verstärkung an Ostgrenze

Das Verteidigungsbündnis erwägt deshalb nun eine signifikante und dauerhafte Verstärkung der Nato-Ostgrenze. Bei einem Verteidigungsministertreffen an diesem Mittwoch solle eine Diskussion über längerfristige Stärkung der Sicherheit in allen Bereichen begonnen werden, sagte Stoltenberg.

Dazu könnten substanziell mehr Streitkräfte im östlichen Teil der Allianz stationiert werden. Zudem werde man deutlich mehr Luft- und Marineeinsätze, eine Stärkung der Luft- und Raketenabwehr sowie zusätzliche und größere Übungen in Erwägung ziehen.

Kurzfristig haben Nato-Staaten nach der russischen Invasion Ende Februar bereits Tausende zusätzliche Soldaten
in die baltischen Staaten und in Länder wie Rumänien geschickt. Zudem
wurde unter anderem die Luftraumüberwachung im östlichen Bündnisgebiet
ausgebaut.

„Müssen anerkennen, der Nato nicht beitreten zu können“

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeigte sich unterdessen desillusioniert über einen möglichen Nato-Beitritt seines Landes. „Wir haben jahrelang gehört, dass die Türen offen sind, aber wir haben auch gehört, dass wir nicht beitreten können. Das ist die Wahrheit und wir müssen das anerkennen“, sagte Selenskyj bei einer Videokonferenz der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer der von Großbritannien angeführten Militärkoalition Joint Expeditionary Force (JEF).

Selenskyj hatte bereits in einem Interview vor einer Woche erklärt, dass er seine Haltung zu dieser Frage „schon vor einiger Zeit abgemildert“ habe, da die Nato offenbar nicht bereit sei, „die Ukraine zu akzeptieren“.

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